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Entwicklung des kindlichen Wortschatzes – der passive Wortschatz

Wortschatz, Wörter, Kinder, Spracherwerb

Wenn man über Sprachentwicklung spricht, meint man landläufig, wie viel das Kind schon spricht, wie viele Wörter es schon kennt. Tatsächlich ist die Entwicklung des kindlichen Wortschatzes ein guter Indikator, wenn es um die Sprachentwicklung im Ganzen geht, weil die gesamte Sprache auf Wörtern aufbaut. Aus Wörtern können Sätze gebastelt werden und schließlich kleine Erzählungen und Unterhaltungen folgen.

Wenn man von Wortschatz spricht, so meint man meist den aktiven Wortschatz. Es wird also angeschaut, wie viele Wörter ein Kind schon sprechen kann. Dem entgegenzusetzen und nicht minder zu bewerten ist der passive Wortschatz. Damit ist gemeint, wie viele Wörter ein Kind verstehen kann, ohne, dass es diese Wörter vielleicht selber bilden kann. In einer normalen Sprachentwicklung geht der passive Wortschatz dem aktiven Wortschatz von Kindern voraus, d.h. er entwickelt sich früher und ist meist größer.

Voraussetzungen für die Wortschatzentwicklung

Um einen passiven Wortschatz aufbauen zu können, müssen Babys einzelne Wörter hören und zu Personen oder Gegenständen zuordnen können. Wenn wir Erwachsene sprechen, ist das meist ein Redefluss ohne Punkt und Komma. Der Baby Talk, mit der Erwachsenen zu Babys sprechen, hebt durch gewisse Betonungsmuster und Akzente Wortgrenzen besser hervor, sodass Babys Wörter leichter erkennen können. Sehr früh schon beginnen Babys gewisse Lautkombinationen und Silben ihrer Muttersprache zu erkennen. So hören Babys ab dem 6. Monat ungefähr lieber Wörter in ihrer eigenen Sprache als in einer anderen Sprache. Sie sind also bereits jetzt sensibel für eine gewisse Lautabfolge und Silbenkombination. Bis zu 9 Monaten können Babys sogar erkennen, welche Silben in ihrer Muttersprache häufiger vorkommen als andere. Sie lauschen diesen häufigeren Silben lieber als den weniger häufigen. So kommt im Deutschen die Silbe ge häufiger vor als die Silbe vor.

Beginn des passiven Wortschatzes

Bereits von Geburt an ist das Kind auf den Sprachklang sensibilisiert, denn es kann am Sprachklang und an der Melodie der Sprache erkennen, ob z.B. die Person verärgert oder erfreut ist und kann entsprechend darauf reagieren. Bereits mit 4 Monaten unterscheidet es Laute in dem Sinne, dass es Laute der Muttersprache (z.B. Deutsch) von einer anderen Sprache (z.B. Bulgarisch) unterscheiden kann.

Mit 7 Monaten können Babys aus einem Redefluss Wörter erkennen. Ihre stark ausgeprägte lautliche Analysefähigkeit (s.o.) hilft ihnen dabei. Stellen Sie sich vor, Sie hören einer Sprache zu, die Sie selber nicht sprechen. Würden Sie einzelne Wörter heraushören? Wohl kaum. Und genau das gelingt Babys schon mit 7 Monaten. Das ist der Beginn der Entwicklung des kindlichen Wortschatzes. Babys verstehen Wörter zu diesem Zeitpunkt, auch wenn sie sie selber noch nicht sprechen können. Mit 7 Monaten verstehen Babys Wörter mit typischen Betonungsmustern für ihre Muttersprache: im Deutschen wären das z.B. Auto, Kinder oder Bücher; die jeweils erste Silbe ist betont. Mit 7 Monaten reagiert ein Kind bereits auf seinen Namen. 

Mit 10 Monaten versteht das Kind auch das Wort “nein”. Es lernt, erste Beziehungen zwischen Wörtern (z.B. Ball) und deren Gegenständen herzustellen. Hier beginnt der passive Wortschatz im klassischen Sinn und macht einen Großteil des Sprachverständnisses aus. 

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Entwicklung des kindlichen Wortschatzes – der aktive Wortschatz

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Dass der passive und der aktive Wortschatz unterschieden werden und der passive dem aktiven Wortschatz vorauseilt, wurde bereits in dem Artikel Entwicklung des Wortschatzes – der passive Wortschatz erläutert. Bevor Kinder einzelne Wörter sprechen, müssen sie Wörter verstehen.

Die ersten Wörter, die ein Kleinkind spricht, sind meist um den ersten Geburtstag herum zu hören. Manche sind früher, manche später dran. Hier sind Verschiebungen um ein paar Monate überhaupt nicht bedenklich. Gerade in der Anfangszeit bleibt es dann auch bei ein paar wenigen Wörtern. Es gibt eine offielle Liste, welche die ersten 25 Wörter eines Kleinkindes im Deutschen listet; darunter Mama, Papa, Oma, Opa, da ganz vorne. Aber auch hier gibt es Abweichungen und keinerlei Grund zur Besorgnis bei einer anderen Reihenfolge.

Wortschatzexplosion

Während in den ersten Monaten des 2. Lebensjahres nur ab und zu ein neues Wort dazukommt, gibt es ab ungefähr 50 bis 100 Wörtern bei den meisten Kindern eine richtige Wortschatzexplosion. Dies geschieht häufig zwischen 17 und 24 Monaten. Diesen raschen Anstieg an neuen Wörtern im aktiven Wortschatz nennt man Vokabelspurt. Zu diesem Zeitpunkt lernen Kinder mehrere Wörter täglich neu dazu. Mit 2 Jahren sprechen viele Kinder um die 200 Wörter.

Hauptwörter werden bevorzugt

Kinder lernen zuerst Nomina. Das ist naheliegend, denn Hauptwörter bezeichnen Objekte und die kann man anfassen. Die Beziehung von Wort und Objekt (z. B. Auto als Wort und das Objekt “Spielzeugauto”) ist eindeutig und leicht zuzordnen. Der aktive Wortschatz wird bald differenzierter und so folgen später Verben, Tätigkeitswörter. Hier sind Tätigkeiten wie essen, laufen, gehen ganz früh mit dabei. Sie bezeichnen Handlungen, die Kinder an sich selber gut beobachten können. Meist sind es Bewegungsverben. Später folgen auch Verben, die sich nicht nur auf Bewegung beziehen, wie etwa schlafen, kochen oder malen.

Wörter werden kombiniert

Auch ganz kleine und unscheinbare Wörter kommen früh in der Sprache vor; hier ist die Rede von Funktionswörtern. Damit sind Wörter gemeint, die sich nicht auf ein Objekt oder Tätigkeit beziehen, aber eine wichtige (meist) grammatikalische Funktion im Satz haben. Dazu gehören Wörter wie da, ab, auf oder weg. Viele sind Teil eines Verbes, das die Kinder noch nicht im Gesamten abspeichern können. Ein Kind sagt beispielsweise Papa ab und meint damit Papa abholen, also ich oder wir (ich zusammen mit Mama) werden den Papa abholen. Diese Wörter sind sehr praktisch und können oft und einfach mit anderen Wörtern kombiniert werden. Man kann mit wenig sprachlichem Aufwand viel ausdrücken.

Auch hier muss erwähnt werden, dass die Entwicklung nicht bei allen Kindern gleich (schnell) verläuft. Die Marke der 200 Wörter mit 2 Jahren ist ein Richtwert. Es gibt auch Kinder, die diesen Wortschatzspurt nicht so stark erleben, und eher gemächlich neue Wörter lernen, sodas sie bis zum 2. Geburtstag nicht auf 200 Wörter kommen. Andere wiederum beherrschen noch viel mehr als diese 200 Wörter.

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Meilensteine der Sprachentwicklung

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Im Folgenden finden Sie die wichtigsten Meilensteine in der Sprachentwicklung, die ein Kind im Rahmen einer normalen Entwicklung erlebt. Die Altersangaben sind mehr ein Richtwert und stellen keine verbindliche Norm dar. Der tatsächliche Entwicklungsstand variiert in der Sprachentwicklung individuell.

Sprachentwicklung: 0 bis 6 Monate

Sprachverständnis

Babys können bereits im Bauch der Mutter deren Stimme erkennen. Sie bevorzugen außerdem die Laute ihrer Muttersprache, d.h. sie hören ihr lieber zu als einer anderen Sprache. Mit 3 bis 4 Monaten reagiert das Baby auf den Stimmklang und die Sprachmelodie. So gelingt es ihm, freundliche oder ärgerliche Stimmen voneinander zu unterscheiden.

Sprachproduktion

Mit dem primären Schrei bei der Geburt gibt das Kind seine ersten Laute von sich. Babys kommunizieren durch Schreien und Mimik. Mit etwa 3 Monaten beginnt die erste Phase des Lallens. Mit Lallen sind unspezifische Laute gemeint, die völlig willkürlich aneinandergereiht werden. Babys probieren aus und experimentieren mit den Lauten. Außerdem verwenden Babys nun unterschiedliche Schreie für verschiedene Bedürfnisse. Auch Wegdrehen oder Blickkontakt aufnehmen bzw. verweigern gehören nun zur Kommunikation. Das erste bewusste Lächeln erfolgt.
Mit der Experimentierfreude wachsen ab 4 Monaten auch die Lautarten der Babys. Erst sind Gurrlaute (Laute, die im hinteren Bereich des Mundinneren gebildet werden; wie ngrr oder ngä) zu hören; auch bei gehörlosen Kindern. Später treten Schmatz- und Zischlaute auf, sowie erste Silben. Die Lautbildung ähnelt nun immer mehr der Lautbildung der Muttersprache. D.h., dass Laute, die typisch für die Muttersprache sind, häufiger produziert werden und Laute, die in der Muttersprache nicht vorkommen (z.B. /th/ für das Deutsche), verschwinden langsam.

Sprachentwicklung: 6 bis 12 Monate

Sprachverständnis

Ab einem halben Jahr reagiert das Kind auf seinen Namen. Es lernt die Bedeutung des Wortes nein kennen. Nach und nach lernt es erste Wörter von Gegenständen und Namen seiner Bezugspersonen. Das Baby reagiert z.B., wenn es Papa hört, indem es den Kopf nach ihm dreht. Erst werden v.a. Nomina (Hauptwörter) verstanden. Sie beziehen sich auf Personen oder Gegenstände und sind einfacher zu begreifen. Das Sprachverständnis nimmt allerdings rasch zu und bald versteht das Baby auch einfache Sätze.

Sprachproduktion

Ab einem halben Jahr begint die zweite Phase des Lallens. Man spricht auch vom kanonischen Lallen. Die Laute werden an die Muttersprache angepasst. Es handelt sich um Lautfolgen, die abwechselnd einen Vokal und einen Konsonaten beinhalten, z.B. babababa, dadadada. Das Lautrepertoire erweitert sich. Schließlich variieren auch die Vokale innerhalb der Lautketten. Man spricht von variablem Lallen.

Sprachentwicklung: 12 bis 18 Monate

Sprachverständnis

Das Sprachverständnis nimmt rasch zu. Die Schlüsselwortstrategie wird angewendet. Kleinkinder in diesem Alter schließen von dem Gesagten durch Mimik und Gestik auf die Bedeutung. Durch Hinzeigen oder Zuwenden der Aufmerksamkeit zum Gegenstand können Kinder schnell die Bedeutung erschließen, auch wenn sie das Wort noch nicht kennen. Das Kind hört z.B. Komm, wir setzen die Mütze auf. und sieht gleichzeitig, wie die Mutter die Mütze in der Hand hält und zu ihm schaut.

Sprachproduktion

Mit dem ersten Geburtstag kommt das erste Wort. Das ist eine grobe Faustregel, von der allerdings viele Kinder um ein (paar) Monat(e) plus minus abweichen. Zu Beginn werden v.a. Nomina (Hauptwörter) benannt. Der aktive Wortschatz umfasst bis u einem halben Jahr um die rund 20 Wörter. Auch das ist ein grober Richwert. Die anfänglichen Wörter sind meist sehr vereinfacht. Es treten auch gerne Onomatopoetika (so genannte Lautmalereien) auf, wie z.B. wau-wau, quak-quak, kikeriki. Das Kleinkind wählt nun die Laute gezielt aus, um ein betreffendes Wort korrekt zu sprechen. Es handelt sich nicht mehr nur um zufällige Lautproduktionen. Vor allem die vorne gebildeten Laute p, b, und m werden sicher beherrscht.
Kleinkinder in diesem Alter sprechen noch in Einwortsätzen. Sie nennen ein Wort und meinen damit einen ganzen Satz. So kann das gesprochene Wort Auto bedeuten: Da ist ein Auto oder Gib mir bitte das Auto oder vlt. sogar Fährst du mit dem Auto?.

Sprachentwicklung: 18 bis 24 Monate

Sprachverständnis

Das Sprachverständnis umfasst viel mehr Wörter als der aktive Wortschatz, den sie von ihrem Kind hören. Die Schlüsselwortstrategie wird weiterhin angewendet. Kinder in diesem Alter speichern Situationen zu bestimmten Gegenständen und Wörtern. Wird etwa ein Kind aufgefordert, es soll das Fenster schließen, obwohl es schon zu ist, wird es zum Fenster gehen und es öffnen. In diesem Alter führen sie also Handlungen aus, die zu der Situation passen, die sie kennen. Sie stützen sich beim Verstehen auf einzelne Wörter (siehe oben, Schlüsselwortinterpretation). Fordert man das Kind auf, die Puppe mit dem Löffel zu kämmen, wird es den Löffel nehmen und damit die Puppe füttern, weil es Situation so kennengelernt hat.

Sprachproduktion

Der aktive Wortschatz nimmt weiterhin zu. Ab einem aktiven Wortschatz von ungefähr 50 Wörtern nimmt der Wortschatz explosionsartig zu. Man spricht vom Wortschatzspurt oder Vokabelspurt. Kinder lernen dann täglich meist mehrere Wörter. Es werden nicht nur Wörter sondern auch Verben (Tunwörter) und einzelne Funktionswörter (z.B. auch, nicht, mehr) erworben. Auch die Artikulation wird vielfältiger. Zu den Konsonanten kommen auch Frikativlaute (z.B. f, w, s) hinzu.
Es werden auch erste Zweiwortsätze gebildet. Kinder reihen zwei Wörter aneinander, häufig zwei Nomina oder auch ein Nomen und ein Adjektiv (Eigenschaftswort). Beispiele: Papa Auto, Mama weg, Wau-wau Ball. Hier beginnen Kinder auch, die Intonation aktiv einzubauen. Sie heben z.B. die Satzmelodie am Ende des Satzes, wodurch eine Frage entsteht. Das erste Fragealter beginnt.

Sprachentwicklung: 2 bis 3 Jahre

Sprachverständnis

Spricht man zum Kind in einfachen Sätzen, ähnlich der Produktion des Kindes, versteht das Kind, was gesagt wurde. Es kann auch Sätze mit zwei Objekten verstehen (Stell das Auto in die Garage). Auch einfache Präpositionen (Vorwörter) kennt das Kind mittlerweile. Hierzu zählen v.a. lokale Präpositionen wie auf, unter, in.
Ab dem dritten Lebensjahr entstehen beim Kind erste Repräsentationen. Das sind Vorstellungen, also Bilder im Kopf, zu einem bestimmten Wort. Es entdeckt, dass Wörter auch von anderen Menschen verstanden werden können. Sie hören ein Wort und verstehen es auch (sofern sie es schon kennen), auch wenn der Gegenstand oder die Person des bezeichnendes Wortes nicht gerade im Raum ist.
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Sprachproduktion

Bereits ab 2,5 Jahren ist der aktive Wortschatz soweit fortgeschritten, dass man die Anzahl der Wörter nicht mehr zählen kann. In der Literatur spricht man von rund 450 Wörtern. Wer kann das schon zählen und so genau Notiz führen? Was allerdings gut feststellbar ist, sind die unterschiedlichen Wortarten, die ein Kind verwendet. Es treten im aktiven Wortschatz nun Verben (Tunwörter), Adjektive (Eigenschaftswörter), Artikel, Adverbien (Umstandswörter) und Präpositionen (Vorwörter) auf. Auch Pronomina treten häufiger in Erscheinung (ich, du, mich, sie…). Farben wie Rot, Gelb, Blau und Grün werden richtig benannt.

Jetzt tut sich auch einiges in der Grammatik. Kinder in diesem Alter sprechen in einfachen korrekten Sätzen. Hier ist zu beobachten, dass die Verbzweitstellung korrekt ist. Das heißt, das Verb steht in konjugierter Form korrekt an zweiter Stelle im Satz (z.B. Tim (1) isst (2) Kuchen (3) statt Tim Kuchen essen). Damit einher geht die Verwendung von Hilfverben, die konjugiert auch in der zweiten Stelle im Satz stehen und z.B. für die Bildung der Vergangenheit verwendet werden (z.B. Tim hat einen Kuchen geesst). Gleichzeitig verwenden die Kinder allerdings auch das konjugierte Verb an erster Stelle und bilden damit die Frage korrekt (z.B. Holt Tim Kuchen?). Es kommen teilweise Nebensätze mit und und weil vor. Es werden also bereits zwei Sätze miteinander verbunden.

Sprachentwicklung: 3 bis 4 Jahre

Sprachverständnis

Das Kind versteht kombinierte Aufträge, d.h. zwei aneinander gereihte Handlungen (Z.B. Nimm das Auto und stell es in die Garage).
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Sprachproduktion

Der Wortschatz nimmt weiterhin rasant zu. Sämtliche Gegenstände aus dem alltäglichen Bereich des Kindes sollten benannt werden können. Auch die Farben sind nun komplett erworben. Weitere Präpositionen wie vor und neben werden korrekt verwendet.

Auf Ebene der Syntax (Satzlehre) entwickelt sich das Kind weiter. Es werden nun auch Fragen mit Fragewörtern korrekt gebildet. Das zweite Fragealter hat hier seinen Höhepunkt. Aussagesätze können mit bis zu sechs Wörtern gebildet werden. In Nebensätzen verwendet das Kind die Verbletzt-Stellung (z.B. …., weil Tim einen Kuchen wollte.). Die Zeiten werden besonders wichtig. Das ist natürlich an die Vorstellung und kognitive Entwicklung gekoppelt. Kinder können nun Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft verstehen und sprachlich korrekt ausdrücken.
Regelmäßige Verben werden richtig konjugiert (z.B. Ich spiele, du spielst, er spielt.…).

Was die Artikulation betrifft, so kann man grob sagen, dass bis zum Ende des vierten Lebensjahres soweit alle Laute korrekt erworben werden. Ausnahmen stellen noch Konsonantenverbindungen dar, da sind Lautverbindungen von 2-3 Konsonanten wie gr, bl, spr, tr, kn,… . Auch der Laut /s/ darf noch etwas undeutlich gesprochen werden. Für eine genauere Darstellung des Lauterwerbs empfehle ich diesen Artikel.

Sprachentwicklung: 4 bis 5 Jahre

Sprachverständnis

Das Kind versteht komplexere und längere Äußerungen. Es kann z.B. drei Anweisungen in Folge verstehen (z.B. Räum dein Spielzeug auf, zieh dir die Jacke an und geh zur Tür.).
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Sprachproduktion

Der Wortschatz in diesem Alter wird auf rund 8.000 Wörter geschätzt. Auch das kann niemand mehr zählen. Kinder sprechen artikulatorisch und grammatikalisch meist fehlerfrei und erzählen in längeren zusammenhängenden Äußerungen. Der Wortschatz wird differenzierter. Es können Oberbegriffe (z.B. Tiere, Blumen, Spielzeug) verwendet werden. Auch abstrakte Nomina, kommen zum Einsatz. Dabei handelt es sich um Hauptwörter, die sich auf keinen konkreten Gegenstand beziehen, sondern etwas bezeichnen, das man sich nur vorstellen kann, wie Freude, Kampf, Wut oder Liebe.

Sprachentwicklung: 5 bis 6 Jahre

Die Sprachentwicklung ist bis zum Ende des 6. Lebensjahres größtenteils abgeschlossen. Das Kind spricht weitgehend fehlerfrei und kann sich problemlos mit Gleichaltrigen und Erwachsenen unterhalten, ohne über den Wortgebrauch nachdenken zu müssen. Das Kind kann sich in unterschiedlicher Weise zu bestimmten Situationen äußern (z.B. sagt es bei der Begrüßung Auf wiedersehen, bis zum nächsten Mal, Servus, bis morgen oder was auch immer gerade zur jeweiligen Situation passt). Es kann längeren Geschichten zuhören und diese auch korrekt wiedergeben. In der alltäglichen Kommunikation sind keine sprachlichen Probleme mehr vorhanden; auch artikulatorisch spricht das Kind einwandfrei.

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Bilderbuch anschauen und Sprache fördern

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Bilderbuch anschauen erzeugt Nähe

Gerade im Alter von 2-3 Jahren lässt sich optimal mit einem Bilderbuch Sprache fördern. Bilderbücher sind in diesem Alter eine optimale Quelle zur Sprachförderung. Beim Bilderbuch anschauen sind Sie in einer wohligen Umgebung und meist 1:1-Situation mit Ihrem Kind. Kinder genießen diese Nähe genauso wie Mamas und Papas. Außerdem schauen Kinder in diesem Alter meist gerne ein Bilderbuch an. Viele von Ihnen haben auch unzählige Bücher daheim und so benötigt man für diese Methode zur Sprachförderung wenig Materialaufwand. Das Wichtigste, was Sie geben müssen oder dürfen, ist Ihre Zeit.

Freiraum beim Bilderbuch anschauen

Beim Bilderbuch anschauen geht es v. a. darum, dass Sie Ihrem Kind den freien Raum geben, zur sprachlichen Gestaltung. Kinder dürfen blättern, wohin sie wollen und erzählen, was sie wollen. Grundsätzlich haben hat ein Kind Freude daran, in einem Buch gekannte Gegenstände aus seinem persönlichem Umfeld zu entdecken. Da sieht es einen schönen Ball oder ein Kind, welches sich gerade die Zähne putzt. Es ist nachgewiesen, dass Kinder beim Bilderbuch anschauen mehr und unterschiedlichere Wörter produzieren als beim Spielen. So können Sie ganz nebenbei mit einem beliebigen (altersgeeigneten) Bilderbuch Sprache fördern.

Störfaktoren ausschalten

Beim Bilderbuch anschauen gibt es allerdings wichtige Vorgehensweisen zu beachten, wenn man sein Kind sprachlich fördern möchte. Es sollte eigentlich eine Selbständigkeit sein, dass nebenher keine weiteren Medienkanäle und sonstige Ablenkungen stören. Trotzdem möchte ich es hier explizit erwähnen, weil die heutige Gesprächskultur stark degeneriert ist und gerade bei der sprachlichen Unterstützung kleinerer Kinder kontraproduktiv ist. Das heißt: Handys sind wegzulegen und auf lautlos zu stellen, Fernseher und Radio sind auszuschalten (sofern an), PC ist zuzuklappen, sämtliche Spiele sind wegzuräumen. Suchen Sie sich einen gemütlichen Platz und es kann losgehen.

Das Kind entscheidet

Lassen Sie Ihr Kind ein Buch aussuchen. Es ist komplett egal, welches Buch Ihr Kind anschauen möchte, solange es altersgerecht ist. Und wenn es das Buch ist, das Sie schon zum 36. Mal anschauen. Ihr Kind entscheidet, nicht Sie! Genauso verhalten Sie sich, wenn es um das Aufschlagen des Buches geht. Das ausgesuchte Buch muss nicht zwingend von vorne bis hinten angeschaut werden. Lassen Sie Ihr Kind eine Seite aufschlagen und schauen Sie das Buch an. Versuchen Sie Ihre Aufmerksamkeit darauf zu richten, wohin das Kind im Bilderbuch schaut. Reagieren Sie darauf mit sprachlichen Äußerungen. Beispiel: Marie hat eine Seite in einem Bauernhofbuch aufgeschlagen. Die Seite zeigt einen Stall mit  einer Kuh im Vordergrund. Im Hintergrund sehen Sie Ackerland und einen Traktor ganz klein sichtbar. Das Kind zeigt auf den Traktor. Sie können sagen: “Ui, der Traktor fährt auf dem Feld.”

Diese Joint-attention (geteilte Aufmerksamkeit) ist immer Grundlage einer Kommunikation. Nur so können Sie sprachlich eine fördernde Situation herstellen. Stellen Sie sich vor, das Kind zeigt auf den Traktor und Sie sagen: “Schau mal, Marie, die Kuh macht muuuuuh!” Das wäre für das Kind erstmal verwirrend. Orientieren Sie sich beim Bilderbuch anschauen am gemeinsamen Hinschauen. Das Wichtige dabei ist: Sie folgen der Aufmerksamkeit des Kindes und nicht umgekehrt. Es können so Situationen hervorgerufen werden, in denen das Kind durch das Bilderbuch Sprache vermehrt benützt. Wählt man z.B. als Erwachsene eine Seite oder möchte man selber das Bilderbuch anschauen lenken, kommt es häufig zu einem Verhalten, das für die Sprachförderung eher kontraproduktiv ist.

Probleme beim Buch anschauen?

Bilderbuch anschauen klappt nicht so gut? Ihr Kind blättert nur oder sträubt sich ganz und gar, still zu sitzen und ein Buch anzuschauen? Wenn Ihr Kind 1 bis 2 Jahre alt ist und noch nicht gerne Bilderbücher anschaut, kann es sein, dass es mit Bildern noch nichts anfangen kann. Bilderbücher enthalten nun mal vorwiegend Bilder. Und das ist auch gut so, denn Bilderbücher sind in der Regel genau für die Altersgruppe von 1-3 Jahren gedacht. Es geht also nicht darum, möglichst lange Texte oder Geschichten vorzulesen. Das können Kinder in diesem Alter noch nicht so gut verarbeiten. Erst einmal sollen Kinder “nur” die einzelnen Bilder, die in den Bilderbüchern abgebildet sind, betrachten. Nur betrachten? 

Ein Bild betrachten und erkennen ist bereits eine riesige kognitive Leistung. Warum? Um ein abgebildetes Auto zu erkennen, muss man erst einmal wissen, was ein Auto ist und im besten Fall auch einmal ein echtes Auto gesehen haben. Dann muss man sich davon im Kopf auch ein Bild machen, damit man es auf dem Bild im Bilderbuch erkennen kann und letztlich auch einen Zusammenhang herstellen kann. Erst dann kann ein Wortlaut zu diesem Bild abgespeichert werden. Wir benötigen also zuerst eine Idee, ein Bild von einem Gegenstand oder einer Tätigkeit im Kopf, um dazu auch ein Wort (z.B. Baum, Apfel, streicheln) abspeichern zu können.

Nun kann es sein, dass ein Kind genau dabei Probleme hat und sich von den Gegenständen um sich herum und den Dingen, die es als wichtig empfindet, noch kein Bild im Kopf gemacht hat. Es hat Gegenstände noch nicht so richtig be-griffen und verstanden. Dann können Sie davon ausgehen, dass es auch kein Interesse am Buch anschauen hat und damit total überfordert ist. Sehr wahrscheinlich hat es auch noch Probleme beim Sprechen. In diesem Fall macht es Sinn, das Kind in seinen sprachlichen Vorläuferfähigkeiten zu schulen; damit meine ich Blickkontakt, Turn-Taking, Zeigegesten, Handlungsergebnis erkennen, Ich-Bewusstsein, Versteck-Spiel, Objektpermanenz, Funktionsspiel, Symbolspiel, sequentielles Spielen, usw. Sie als Elternteil können das selber in die Hand nehmen und Ihrem Kind helfen. Lesen Sie dazu hier mehr.