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Warum spricht mein Kind (noch) nicht?

Kind spricht nicht, Mama verzweifelt

Mein Kind ist schon älter als ein Jahr und spricht noch nicht oder erst sehr wenig. Warum spricht mein Kind noch nicht oder sehr wenig? Müssen Sie sich als Elternteil Sorgen machen? In diesem Artikel geht es vor allem darum, was es braucht, damit sich Sprache bei einem Kind überhaupt entwickeln kann.

Wenn mein Kind noch nicht spricht …

Wenn ein Kind noch nicht spricht, obwohl es eigentlich schon sollte, dann hat es meistens wichtige vorsprachliche Fähigkeiten noch nicht erlernt, damit sich Sprache entwickeln kann. Und eines vorweg: Sie können ausschließen, dass Ihr Kind einfach nicht sprechen will. Wenn ein Kind sprechen kann, dann wird es das auch tun. Denn dadurch hat es einen entscheidenden Vorteil. Wir Menschen benutzen Sprache, um uns auszutauschen, um unsere Wünsche und Absichten mitzuteilen und Informationen weiter zu geben. Dadurch unterscheiden wir uns auch stark von den meisten anderen Lebewesen. Und auch in der Sprachentwicklung wird dieser Vorteil, den uns Sprache bringt, deutlich. Sobald ein Kind erste Wörter spricht, kann es sich besser mitteilen. Es wird von Mama oder Papa oder anderen Bezugspersonen besser verstanden und so wird das Zusammenleben einfacher. Auch lernen Kleinkinder über Sprache. Denn über neue Wörter lernen sie neue Objekte kennen, sie verstehen Erklärungen von Zusammenhängen in der Welt und verstehen alltägliche Abläufe besser.

Wenn ein Kind mit zwei Jahren beispielsweise noch sehr wenig oder gar nichts spricht, entgehen ihm all diese Vorteile. Die Eltern können oft erraten, was das Kind will, aber es kommt trotzdem öfters zu Missverständnissen und zur Unzufriedenheit im gemeinsamen Familienleben. Es ist also sehr wohl sinnvoll, frühzeitig etwas zu unternehmen und dem Kind Hilfestellungen zu geben.

Wo liegt das eigentliche Problem?

Ich habe vorhin über so genannte sprachliche Vorläuferfähigkeiten gesprochen, die entwickelt sein sollen, damit sich Sprache gut entwickelt. Wenn Sprache nicht kommt und ich formuliere das bewusst ein wenig passiv, dann liegen meist Defizite in anderen Bereichen vor. Mit passiv ist gemeint, dass sich das Kind nicht hinsetzen muss und Vokabeln und Grammatik pauken muss, um seine Muttersprache zu lernen. Ein Kind lernt Sprache im Alltag, in all den unzähligen Interaktionen, die es täglich mit seinen Mitmenschen macht.

Es gibt drei wichtige Fähigkeiten, die bei Ihrem Kind ausgeprägt sein sollen, damit Sprache entstehen kann:

  1. Ihr Kind muss sich selber als eigenständige Person wahrnehmen.
  2. Ihr Kind muss Mitmenschen als Interaktionspartner erkennen, mit denen es sich austauschen will.
  3. Ihr Kind muss Informationen über die Gegenstände gesammelt haben und sich eine Abstraktion / ein Bild davon machen. (zu dem später ein Wort dazu geknüpft wird)

1. Ihr Kind muss Mitmenschen als Interaktionspartner erkennen, mit denen es sich austauschen will.

Ein Kind muss wissen, dass es eine andere Person ist als die Mama oder der Papa. Es ist ein Individuum, d.h. ein eigenständiges Wesen. Mit anderen Wünschen, Interessen und Absichten als z.B. seine Eltern oder Geschwister. Es muss sich selber wahrnehmen. Das Wörtchen “ich” spielt in dieser Entwicklung eine entscheidende Rolle. Warum ist es wichtig, dass ein Kind sich selber als Person wahrnimmt? Erst dann wird es fähig sein, seine Bedürfnisse als eigene zu erkennen und diese über Sprache auszudrücken. Es kann sich zum Gegenüber abgrenzen und dazu wird es auch Sprache benötigen. Das bringt mich zum nächsten Punkt.

2. Ihr Kind muss sich selber als eigenständige Person wahrnehmen.

Ein Kind muss Interesse am Gegenüber zeigen. D.h. es geht auf andere Menschen zu und interessiert sich, was diese machen. Entscheidend ist hier der Blickkontakt. Der Blickkontakt ist ein wichtiges körpereigenes Instrument, um Kontakt zum Anderen aufzubauen. Ein Kind sollte also andere Menschen anschauen und diese miteinbeziehen, z.B. mitspielen lassen. Auch die Zeigegeste ist hier relevant. Denn über die Zeigegeste orientiert sich das Kind am Gegenüber. Es zeigt auf einen Gegenstand und fragt den anderen darüber etwas; z.B.  “Schau mal, was da ist!”

3. Ihr Kind muss Informationen über die Gegenstände gesammelt haben und sich eine Abstraktion / ein Bild davon machen. (zu dem später ein Wort dazu geknüpft wird)

Sobald Kinder auf der Welt sind, erkunden sie die Umgebung. Erst mit den Augen, dann mit dem Mund und mit den Händen. Sie erforschen und beobachten Gegenstände um sich herum, wie sie ausschauen, wie sie sich bewegen, wie sie sich vielleicht verändern, was man damit tun kann, usw. Wenn Kinder die Eigenschaften der Objekte lang genug untersucht haben, können sie sich ein Bild von einem Gegenstand in ihrem Kopf machen und diesen Gegenstand abstrahieren. Das ist eine große Leistung. Ich erkläre es am Beispiel eines Balles. Ihr Kind kennt den gepunkteten Ball aus seinem Spielzimmer. Am nächsten Tag sieht es, wie der Nachbarjunge einen Fußball schießt. Wieder an einem anderen Tag bekommt es einen weiteren Ball geschenkt, der hüpft und aus Gummi ist. Das Kind lernt beim Beobachten genau, dass ein Ball rund ist und rollt. Und diese Eigenschaften überträgt es auf andere Bälle; somit erkennt es einen Ball sofort. Es hat auch ein bestimmtes Bild von einem Ball im Kopf abgespeichert. Warum ist das wichtig? Weil es eine Abstraktionsleistung ist. Wenn ein Kind nicht abstrahieren kann, wird es keine Wörter zuordnen lernen. Es muss nämlich in einem weiteren Schritt verstehen, dass vieles, was rund ist und rollt, als Ball bezeichnet wird. Ohne diese Abstraktionsleistung, d.h. dass von einem konkreten Gegenstand auf ein bestimmtes Objekt abstrahiert wird oder von einer konkreten Tätigkeit, wird das Kind keine Wörter zuordnen können. Ein Kind, das kein Bild von einem Ball im Kopf hat, wird nicht lernen, dass man dieses Objekt als Ball bezeichnet.

Fazit

Wenn Ihr Kind also noch nicht wirklich in die Sprache gekommen ist, könnte es sein, dass es in den so genannten sprachlichen Vorläuferfähigkeiten mehr Hilfe benötigt. Es bringt also wenig, es z.B. aufzufordern,  einzelne Wörter nachzusprechen, wenn es dazu einfach noch nicht in der Lage ist. Viel wichtiger ist zu erkennen, wo genau das Problem beim Kind liegt. Es hat mit Sicherheit in einem der o.g. Bereiche Aufholbedarf. Ich gehe hier von einer sonstigen normalen Entwicklung (ohne ein spezielles, zugrunde liegendes Krankheitssyndrom) aus.

Ein Kind, das noch sehr wenig spricht, wird häufig als Late Talker bezeichnet. Was das genau bedeutet, wie Sie erkennen, ob Ihr Kind ein Late Talker ist und was Sie tun können, erfahren Sie hier.

 

 

 

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Baby Talk – Warum sprechen wir mit Babys so anders?

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Baby Talk ist melodisch und stark betont

Nicht nur Mütter und Väter, sondern grundsätzlich Erwachsene sprechen mit Babys in einer komplett anderen Art, als mit z.B. gleichaltrigen Personen. Die Sprache ist gekennzeichnet durch eine höhere Tonlage und sie ist melodisch und stark betont. Sie wird als Baby Talk, Ammensprache oder Motherese bezeichnet. Es ist aber nicht so, dass wir dauerhaft hoch sprechen, sondern abwechseln. Mal sprechen wir tief, mal hoch. Insgesamt ist die Sprechmeldoie sehr abwechslungsreich. Dies bewirkt, dass Babys aufmerksam sind und zum Erwachsenen schauen. Babys richten ihre Aufmerksamkeit nämlich lieber auf etwas Neues und Abwechslungsreiches.

Man hat herausgefunden, dass diese Art zu sprechen in allen Sprachen auftritt. Der Baby Talk tritt also in allen Ländern der Welt auf, unabhängig davon, ob die Erwachsenen türkisch, spanisch oder deutsch sprechen.

Babys sind für eine betonte und rhythmisch melodische Sprache empfänglicher

Durch das betonte und langsamere Sprechen werden Wörter voneinander besser abgetrennt. Wenn wir in unserer normalen Sprechweise sprechen, sind Wortgrenzen kaum herauszuhören, weil die Wörter praktisch in einer Wurst herauskommen. Und gerade das betonte und langsamere Sprechen unterstützt die Babys beim Sprachen lernen. Babys können nämlich von Geburt an Tondauer, Tonintensität (also laut – leise) sowie Schnelligkeit des Tonanstiegs und Rhythmen unterscheiden. Somit ist verständlich dass sie für eine rhythmische Sprache sehr empfänglich sind, was wir ihnen mit dem Baby Talk bzw. Motherese ermöglichen. So lässt sich auch die Tatsache erklären, dass Babys dieser Art des Sprechens lieber zuhören als der Sprache, die Erwachsene untereinander sprechen.

Merkmale des Baby Talks

  • höhere Tonlage
  • langsameres Sprechen
  • deutliches, akzentuiertes Sprechen
  • häufiger Wechsel der Sprachmelodie
  • Worttrennung ist besser erkennbar

Baby Talk hört sich allerdings nicht immer gleich an. Erwachsene sprechen ja in den unterschiedlichsten Situationen und Gemütslagen mit ihren Kindern. Und dies macht sich auch in der Art des Sprechens deutlich. So können Babys erkennen, ob Erwachsene ihnen Zustimmung geben, ein Verbot aussprechen, Aufmerksamkeit erwecken oder sie beruhigen wollen. Diese Formen existieren in ihren Grundzügen auch sprachübergreifend. Sogar Neugeborene können in angemessener Form auf diese verschiedenen Sprechmelodien reagieren. Ist das nicht fantastisch?

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Unterschied Sprachförderung und Sprachtherapie

Kind vor dem Spiegel, Therapeutin, Sprachtherapie, Logopädie

Was ist Sprachförderung?

Als Sprachförderung versteht man jedes Verhalten, das eingesetzt wird, um ein Kind beim Erlernen der Sprache zu unterstützen. Dies kann dabei zu Hause oder z.B. im Kindergarten stattfinden. Gerade eine alltagsintegrierte Sprachförderung bzw. eine ganzheitliche Sprachförderung hat sich als effektiv herausgestellt. Gemeint ist dabei, dass man die Sprachförderung an die Bedürfnisse, an das Interesse des Kindes anknüpft. Man fördert Sprache quasi live, in vivo, im Tun. Es geht also dabei nicht darum, einzelne Wörter zu pauken, grammatische Prinzipien zu studieren oder Kinder abzufragen.

Sprachförderung ist Teil des Bildungsauftrages und wird dadurch bereits im Kindergarten angeboten. Sie sollte allerdings auch zu Hause stattfinden. Denn Spracherwerb und Kommunikation startet spätestens ab der Geburt (wenn nicht früher). Außerdem gelingen Spracherwerb und Sprachförderung am Besten in der Kommunikation mit vertrauten Personen. Und gerade Familienmitglieder gehören im Regelfall zu den vertrautesten Personen eines Kindes. Sprachförderung steht jedem Kind zu und wird im Idealfall auch intuitiv von Eltern angeboten. Mehr Anregungen zur Gestaltung der Sprachförderung zu Hause finden Sie in diesem Artikel. Sprachförderung ist grundsätzlich für alle Kinder wichtig, wenn auch manche diese umso mehr benötigen. Gemeint sind z.B. Kinder, die keine optimalen Sprachvorbilder oder Kommunikationspartner haben, die nur selten die Möglichkeit haben, mit Büchern konfrontiert zu werden, die sich in schwierigen familiären Verhältnissen befinden oder in deren Familien bereits andere Mitglieder Sprachprobleme haben oder hatten.

Was ist Sprachtherapie?

Sprachtherapie umfasst gezielte Maßnahmen zur Sprachförderung im Rahmen der Heilmittel (in D). Es handelt sich um eine therapeutische Versorgung, die im Sozialgesetzbuch verankert ist. Sprachtherapie zielt demnach auf die Behandlung einer Krankheit ab. Und Sprachstörungen im Kindesalter werden in Deutschland als Krankheit eingestuft. Für eine sprachtherapeutische Maßnahme bedarf es einer Diagnose und entsprechenden ärztlichen Verordnung. Verordnender Arzt kann ein Facharzt wie ein Kinderarzt oder HNO-Arzt sein.Auch Hausärzte oder Kieferorthopäden haben (je nach Störungsbild) die Möglichkeit, eine Heilmittelverordnung für das entsprechende Kind auszustellen. Erst dann kann eine gezielte Sprachtherapie erfolgen. Ungefähr sechs bis acht Prozent aller Kinder eines Jahrgangs zeigen Auffälligkeiten im Bereich Sprache. D.h. sie verfügen über einen zu kleinen Wortschatz, haben Probleme, dass ihnen bekannte Wörter wieder einfallen, bauen die Sätze nicht korrekt zusammen, können bestimmte Laute nicht richtig aussprechen oder stottern zum Beispiel. Diese Kinder weisen eine Sprachentwicklungsstörung auf. Eine allgemeine Sprachförderung (wie oben beschrieben) reicht hier nicht aus, um entsprechende Defizite auszugleichen. Diese Kinder müssen von einer Fachperson (z.B. LogopädIn oder SprachtherapeutIn) betreut werden.

Sprachstörungen fallen oftmals den Eltern selber auf und sprechen dies in der Regel beim Kinderarzt an. Es kann auch sein, dass Erzieherinnen die Eltern darauf hinweisen, dass ihr Kind mit der Sprachentwicklung verzögert ist, oder es z.b. nicht verstanden wird. Häufig wird es bei den gängigen U-Untersuchungen in Deutschland thematisiert. Auch Kinder mit einer Behinderung und einer einhergehenden Sprach- oder Schluckstörung haben Anspruch auf eine entsprechende therapeutische Behandlung. Sprachförderung kann ein Kind mit Sprachstörung unterstützen, allerdings eine therapeutische Maßnahmen im Sinne einer verordneten Sprachtherapie vom Arzt, nicht ersetzen.

 

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Bilderbuch anschauen und Sprache fördern

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Bilderbuch anschauen erzeugt Nähe

Gerade im Alter von 2-3 Jahren lässt sich optimal mit einem Bilderbuch Sprache fördern. Bilderbücher sind in diesem Alter eine optimale Quelle zur Sprachförderung. Beim Bilderbuch anschauen sind Sie in einer wohligen Umgebung und meist 1:1-Situation mit Ihrem Kind. Kinder genießen diese Nähe genauso wie Mamas und Papas. Außerdem schauen Kinder in diesem Alter meist gerne ein Bilderbuch an. Viele von Ihnen haben auch unzählige Bücher daheim und so benötigt man für diese Methode zur Sprachförderung wenig Materialaufwand. Das Wichtigste, was Sie geben müssen oder dürfen, ist Ihre Zeit.

Freiraum beim Bilderbuch anschauen

Beim Bilderbuch anschauen geht es v. a. darum, dass Sie Ihrem Kind den freien Raum geben, zur sprachlichen Gestaltung. Kinder dürfen blättern, wohin sie wollen und erzählen, was sie wollen. Grundsätzlich haben hat ein Kind Freude daran, in einem Buch gekannte Gegenstände aus seinem persönlichem Umfeld zu entdecken. Da sieht es einen schönen Ball oder ein Kind, welches sich gerade die Zähne putzt. Es ist nachgewiesen, dass Kinder beim Bilderbuch anschauen mehr und unterschiedlichere Wörter produzieren als beim Spielen. So können Sie ganz nebenbei mit einem beliebigen (altersgeeigneten) Bilderbuch Sprache fördern.

Störfaktoren ausschalten

Beim Bilderbuch anschauen gibt es allerdings wichtige Vorgehensweisen zu beachten, wenn man sein Kind sprachlich fördern möchte. Es sollte eigentlich eine Selbständigkeit sein, dass nebenher keine weiteren Medienkanäle und sonstige Ablenkungen stören. Trotzdem möchte ich es hier explizit erwähnen, weil die heutige Gesprächskultur stark degeneriert ist und gerade bei der sprachlichen Unterstützung kleinerer Kinder kontraproduktiv ist. Das heißt: Handys sind wegzulegen und auf lautlos zu stellen, Fernseher und Radio sind auszuschalten (sofern an), PC ist zuzuklappen, sämtliche Spiele sind wegzuräumen. Suchen Sie sich einen gemütlichen Platz und es kann losgehen.

Das Kind entscheidet

Lassen Sie Ihr Kind ein Buch aussuchen. Es ist komplett egal, welches Buch Ihr Kind anschauen möchte, solange es altersgerecht ist. Und wenn es das Buch ist, das Sie schon zum 36. Mal anschauen. Ihr Kind entscheidet, nicht Sie! Genauso verhalten Sie sich, wenn es um das Aufschlagen des Buches geht. Das ausgesuchte Buch muss nicht zwingend von vorne bis hinten angeschaut werden. Lassen Sie Ihr Kind eine Seite aufschlagen und schauen Sie das Buch an. Versuchen Sie Ihre Aufmerksamkeit darauf zu richten, wohin das Kind im Bilderbuch schaut. Reagieren Sie darauf mit sprachlichen Äußerungen. Beispiel: Marie hat eine Seite in einem Bauernhofbuch aufgeschlagen. Die Seite zeigt einen Stall mit  einer Kuh im Vordergrund. Im Hintergrund sehen Sie Ackerland und einen Traktor ganz klein sichtbar. Das Kind zeigt auf den Traktor. Sie können sagen: “Ui, der Traktor fährt auf dem Feld.”

Diese Joint-attention (geteilte Aufmerksamkeit) ist immer Grundlage einer Kommunikation. Nur so können Sie sprachlich eine fördernde Situation herstellen. Stellen Sie sich vor, das Kind zeigt auf den Traktor und Sie sagen: “Schau mal, Marie, die Kuh macht muuuuuh!” Das wäre für das Kind erstmal verwirrend. Orientieren Sie sich beim Bilderbuch anschauen am gemeinsamen Hinschauen. Das Wichtige dabei ist: Sie folgen der Aufmerksamkeit des Kindes und nicht umgekehrt. Es können so Situationen hervorgerufen werden, in denen das Kind durch das Bilderbuch Sprache vermehrt benützt. Wählt man z.B. als Erwachsene eine Seite oder möchte man selber das Bilderbuch anschauen lenken, kommt es häufig zu einem Verhalten, das für die Sprachförderung eher kontraproduktiv ist.

Probleme beim Buch anschauen?

Bilderbuch anschauen klappt nicht so gut? Ihr Kind blättert nur oder sträubt sich ganz und gar, still zu sitzen und ein Buch anzuschauen? Wenn Ihr Kind 1 bis 2 Jahre alt ist und noch nicht gerne Bilderbücher anschaut, kann es sein, dass es mit Bildern noch nichts anfangen kann. Bilderbücher enthalten nun mal vorwiegend Bilder. Und das ist auch gut so, denn Bilderbücher sind in der Regel genau für die Altersgruppe von 1-3 Jahren gedacht. Es geht also nicht darum, möglichst lange Texte oder Geschichten vorzulesen. Das können Kinder in diesem Alter noch nicht so gut verarbeiten. Erst einmal sollen Kinder “nur” die einzelnen Bilder, die in den Bilderbüchern abgebildet sind, betrachten. Nur betrachten? 

Ein Bild betrachten und erkennen ist bereits eine riesige kognitive Leistung. Warum? Um ein abgebildetes Auto zu erkennen, muss man erst einmal wissen, was ein Auto ist und im besten Fall auch einmal ein echtes Auto gesehen haben. Dann muss man sich davon im Kopf auch ein Bild machen, damit man es auf dem Bild im Bilderbuch erkennen kann und letztlich auch einen Zusammenhang herstellen kann. Erst dann kann ein Wortlaut zu diesem Bild abgespeichert werden. Wir benötigen also zuerst eine Idee, ein Bild von einem Gegenstand oder einer Tätigkeit im Kopf, um dazu auch ein Wort (z.B. Baum, Apfel, streicheln) abspeichern zu können.

Nun kann es sein, dass ein Kind genau dabei Probleme hat und sich von den Gegenständen um sich herum und den Dingen, die es als wichtig empfindet, noch kein Bild im Kopf gemacht hat. Es hat Gegenstände noch nicht so richtig be-griffen und verstanden. Dann können Sie davon ausgehen, dass es auch kein Interesse am Buch anschauen hat und damit total überfordert ist. Sehr wahrscheinlich hat es auch noch Probleme beim Sprechen. In diesem Fall macht es Sinn, das Kind in seinen sprachlichen Vorläuferfähigkeiten zu schulen; damit meine ich Blickkontakt, Turn-Taking, Zeigegesten, Handlungsergebnis erkennen, Ich-Bewusstsein, Versteck-Spiel, Objektpermanenz, Funktionsspiel, Symbolspiel, sequentielles Spielen, usw. Sie als Elternteil können das selber in die Hand nehmen und Ihrem Kind helfen. Lesen Sie dazu hier mehr.