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Welchen Einfluss hat Mehrsprachigkeit auf den Spracherwerb?

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Was ist Mehrsprachigkeit?

Eines vorweg: Mehrsprachigkeit hat keine Nachteile für Kinder!
Besonders Neugeborene haben die besten Voraussetzungen, um mehrere Sprachen zu erwerben. Auch zieht eine mehrsprachige Erziehung keine Nachteile für die Sprachentwicklung mit sich, wie so oft angenommen wird. Mit der richtigen Unterstützung der Eltern haben Kinder die Möglichkeit kompetente Sprecher der jeweiligen Sprachen zu werden.

Für Mehrsprachigkeit gibt es viele verschiedene Definitionen. Dabei herrscht Uneinigkeit über das Niveau, auf dem die jeweiligen Sprachen beherrscht werden müssen. Häufig wird eine Person als zwei- oder mehrsprachig bezeichnet, wenn sie in ihrem Alltag beziehungsweise regelmäßig mehr als eine Sprache spricht. Für mehrsprachige Personen sollte es ebenfalls möglich sein, in den jeweiligen Sprachen eine Unterhaltung zu führen. Mehrsprachigkeit kann im Einzelnen jedoch sehr verschieden aussehen.

Das Alter ist entscheidend

Das Alter, ab dem die Kinder der jeweiligen Sprache ausgesetzt sind, spielt bei der Unterscheidung von verschiedenen Arten der Mehrsprachigkeit eine große Rolle. Man unterscheidet zwischen einem doppeltem Erstspracherwerb und einem kindlichen Zweitspracherwerb. Beim doppelten Erstspracherwerb werden die Kinder von klein auf mit beiden Sprachen groß. Das Kind hat vor seinem dritten Geburtstag Kontakt zu beiden Sprachen und hat die Möglichkeit beide zu erwerben. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn der Vater mit dem Kind Türkisch redet und die Mutter Deutsch. Die beiden Sprachen werden gleichzeitig erworben. Man spricht deswegen auch vom simultanen Bilingualismus. Beim kindlichen Zweitspracherwerb hören die Kinder zunächst hauptsächlich eine Sprache, da zum Beispiel beide Eltern zusammen und mit dem Kind Türkisch reden. Erst später, meist im Kindergartenalter, haben die Kinder Kontakt zu einer anderen Sprache. Die Sprachen werden nacheinander gelernt, es handelt sich also um einen sukzessiven Zweitspracherwerb.

Während beim simultanen Erstspracherwerb gleichzeitig zwei Sprachsysteme aufgebaut werden, wird beim sukzessiven Zweitspracherwerb zunächst die erste Sprache erlernt. Der Erwerb beginnt wie bei einsprachigen Kindern. Je nach Alter, indem die zweite Sprache hinzukommt, ist das Sprachsystem der Erwerb der ersten Sprache schon fortgeschritten oder in Teilen abgeschlossen.

Kinder, die mit mehreren Sprachen aufwachsen, müssen lernen die Sprachsysteme der beiden Sprachen zu unterscheiden. Gibt es einzelne Laute, die nur in der einen oder anderen Sprache vorkommen? Wie kann und darf ich diese Laute in einem Wort kombinieren? Der Gegenstand heißt in einer Sprache so und in der anderen Sprache anders. In welcher Reihenfolge stehen die Wörter im Satz?

 

Die Laute der beiden Sprache beeinflussen sich

In den ersten Lebenswochen teilen sich Neugeborene durch Schreien mit. Ungefähr im Alter von sechs Wochen fangen sie an, die ersten Laute zu bilden und auch zu unterscheiden. Die Laute, die sie dabei äußern, sind dabei in allen Sprachen noch gleich. Mit circa einem halben Jahr beginnen die Babys mit dem Lallen. Hier kann man die ersten Unterschiede der einzelnen Sprachen feststellen: Die Babys verwenden dafür die Laute, die sie am häufigsten hören. Bereits in diesem Alter bauen die Kinder zwei unterschiedliche phonologische Systeme auf. Diese beinhalten beispielsweise Informationen über die Laute der jeweiligen Sprachen. Die Entwicklung ist dabei ähnlich zu einsprachigen Kindern, jedoch können sich die Laute der Sprachen beeinflussen. Zum Beispiel machen viele türkische Kinder auch im Deutschen ein Zungenspitzen-/r/, obwohl das /r/ im Deutschen eher im Rachen gebildet wird. Zwischen dem sechsten und neunten Lebensmonat verfestigen sie die Laute ihrer Muttersprache und verwenden nur noch diese Laute. In dieser Phase bilden sich auch sogenannte phonologische Repräsentationen, in denen Informationen zu Lauten und deren Verwendung gespeichert wird. Sie stellen die Grundlage für die weitere sprachliche Entwicklung dar. Die Speicherung und der Abruf von diesen Informationen sind ebenfalls sprachspezifisch.

Sprachspezifischer Wortschatz ist bei mehrsprachigen Kindern oft kleiner

Mehrsprachige Kinder sprechen ihre ersten Wörter – wie einsprachig aufwachsende Kinder auch – ungefähr im Alter von zehn bis 14 Monaten. Beim Aufbau des Wortschatzes wird zwischen sprachspezifischem und konzeptuellem Wortschatz unterschieden. Der sprachspezifische Wortschatz besteht aus den Wörtern, die die Kinder in einer Sprache kennen und sprechen können. Bei mehrsprachigen Kindern ist dieser meist kleiner als bei einsprachigen Kindern. Dies liegt daran, dass die verschiedenen Sprachen in verschiedenen Situationen und in einem anderen Umfeld gesprochen werden. Wenn ein Kind beispielsweise nur bei den italienischen Großeltern Kuchen backt, wird es die Zutaten und Hilfsmittel nur auf italienisch können. Wenn es hingegen in einem deutschsprachigen Fußballverein ist, wird es die Regeln und Begriffe des Sports hauptsächlich auf Deutsch können. Der konzeptuelle Wortschatz besteht aus allen Begriffen, die das Kind kennt – egal in welcher Sprache. Er ist daher ungefähr gleich groß wie bei einsprachigen Kindern.

Große Unterschiede bei Mehrsprachigkeit im Bereich der Grammatik

Die Entwicklung der Grammatik muss für jede Sprache einzeln betrachtet werden, da es dabei große Unterschiede gibt. Sprachen können unterschiedlich schwierige grammatische Regeln haben. Sobald die Kinder mehrere Wörter kombinieren, werden grammatische Regeln angewendet. Dabei müssen sie auf bestimmte Merkmale wie das grammatische Geschlecht (männlich, weiblich oder neutral), die Anzahl (Einzahl oder Mehrzahl) und die Fälle (Nominativ, Genitiv, Akkusativ, Dativ), die Wortfolge und weitere Besonderheiten der Sprache achten.

Mehrsprachige Kinder können schon im Alter von circa zwei Jahren einfache, grammatische Strukturen der Sprachen auseinanderhalten und selbst produzieren. Die Qualität der Aussagen ist mit einsprachigen Kindern zu vergleichen. Jedoch kann es sein, dass mehrsprachige Kinder länger und häufiger entwicklungstypische Fehler machen. Zum Beispiel werden Regeln für die Plural- und Verbformen übergeneralisiert und auf alle Wörter angewendet. Da die meisten mehrsprachigen Kinder ein gutes Sprachgefühl entwickeln, fällt es ihnen einfacher grammatische Strukturen und Regeln herauszufinden und selbst umzusetzen. Dabei gilt, je verschiedener die Sprachen sind, desto einfacher ist es für die Kinder diese auseinander zu halten. Wenn die Grammatik der Sprachen ähnlich aufgebaut ist, kann es zu Übertragungen von der einen auf die andere Sprache kommen. In den meisten Sprachen ist die Entwicklung der Grammatik im Alter zwischen vier und fünf Jahren abgeschlossen.

Begünstigt Mehrsprachigkeit grundsätzlich Sprachstörungen?

Die aktuelle Forschung zum Thema Mehrsprachigkeit bestätigt, dass sich Mehrsprachigkeit sich nicht negativ auf die sprachliche Entwicklung von Kindern auswirkt! Sprachentwicklungsstörungen kommen bei mehrsprachigen Kindern genauso häufig vor wie bei einsprachig aufwachsenden Kindern. Heutzutage geht man sogar davon aus, dass die Mehrsprachigkeit den Kindern bei weiteren sprachlichen Fähigkeiten hilft.

Tipps im Umgang mit Mehrsprachigkeit

Es gibt mehrere Faktoren, die den Spracherwerb von mehrsprachigen Kindern beeinflussen:

Erwerbszeitpunkt. Je früher die Kinder eine zweite Sprache lernen, desto leichter fällt es ihnen. Die Sprache wird spielerisch und ungezwungen erlernt, ohne dass die Kinder einen Leistungsdruck haben.

Motivation. Für die Kinder muss es einen erkennbaren Nutzen geben, eine neue oder andere Sprache zu lernen. Die Kinder sollten im Alltag die Gelegenheit und den Anreiz haben, beide Sprachen zu sprechen. Je nach Sprachen und Umfeld kann es dafür verschiedene Möglichkeiten geben: Besuch bei den Großeltern, Spielen mit anderen Kindern auf dem Spielplatz oder Bücher in den jeweiligen Sprachen.

Ansehen der Sprache. Die Kinder merken, wie die Eltern oder Menschen in ihrer Umgebung zu einer Sprache stehen. Mehrsprachige Kinder verbinden mit jeder Sprache bestimmte Personen, Orte oder Erinnerungen. Wenn ihre Bezugspersonen die Sprache oder die Kultur ablehnen, werden die Kinder auch eine negative Haltung entwickeln.

Qualität und Dauer des Inputs. Kinder lernen Sprachen zunächst durchs Zuhören. Um beide Sprachen später einwandfrei zu beherrschen, ist es für die Kinder wichtig, einen guten sprachlichen Input zu bekommen. Dafür bieten sich Personen im Umfeld an, die die jeweiligen Sprachen auf sehr gutem Niveau beherrschen. Das Kind sollte am besten täglich für längere Zeit mit beiden Sprachen in Kontakt kommen.

Trennung der Sprachen. Es ist wichtig, dass die Sprachen deutlich voneinander getrennt werden. Eine Mischung der Sprachen sollte – zumindest bis das Kind die grundlegenden Sprachfähigkeiten besitzt – vermieden werden. Sinnvoll ist es dabei, eine bestimmte Systematik zu finden, wann und wo welche Sprache gesprochen wird. Die Trennung der Sprachen kann durch Personen (wer spricht welche Sprache mit dem Kind), Umgebung (im Haus sprechen wir eine Sprache, draußen die andere) oder Situationen (beim Frühstück wird eine Sprache gesprochen, beim Abendessen die andere) geschehen. Wichtig ist, eine Routine und eine Systematik zu finden.

Weitere Tipps:

  • Bücher vorlesen
  • Spiele für jede Sprache (Sprachlernspiele, Fingerspiele, usw.)
  • Lieder singen
  • Reime sprechen
  • Kuscheltiere, die die verschiedenen Sprachen sprechen
  • Den Kindern korrigierendes Feedback geben („Bume“ – „Ja genau, das ist eine Blume“)
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Baby Talk – Warum sprechen wir mit Babys so anders?

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Baby Talk ist melodisch und stark betont

Nicht nur Mütter und Väter, sondern grundsätzlich Erwachsene sprechen mit Babys in einer komplett anderen Art, als mit z.B. gleichaltrigen Personen. Die Sprache ist gekennzeichnet durch eine höhere Tonlage und sie ist melodisch und stark betont. Sie wird als Baby Talk, Ammensprache oder Motherese bezeichnet. Es ist aber nicht so, dass wir dauerhaft hoch sprechen, sondern abwechseln. Mal sprechen wir tief, mal hoch. Insgesamt ist die Sprechmeldoie sehr abwechslungsreich. Dies bewirkt, dass Babys aufmerksam sind und zum Erwachsenen schauen. Babys richten ihre Aufmerksamkeit nämlich lieber auf etwas Neues und Abwechslungsreiches.

Man hat herausgefunden, dass diese Art zu sprechen in allen Sprachen auftritt. Der Baby Talk tritt also in allen Ländern der Welt auf, unabhängig davon, ob die Erwachsenen türkisch, spanisch oder deutsch sprechen.

Babys sind für eine betonte und rhythmisch melodische Sprache empfänglicher

Durch das betonte und langsamere Sprechen werden Wörter voneinander besser abgetrennt. Wenn wir in unserer normalen Sprechweise sprechen, sind Wortgrenzen kaum herauszuhören, weil die Wörter praktisch in einer Wurst herauskommen. Und gerade das betonte und langsamere Sprechen unterstützt die Babys beim Sprachen lernen. Babys können nämlich von Geburt an Tondauer, Tonintensität (also laut – leise) sowie Schnelligkeit des Tonanstiegs und Rhythmen unterscheiden. Somit ist verständlich dass sie für eine rhythmische Sprache sehr empfänglich sind, was wir ihnen mit dem Baby Talk bzw. Motherese ermöglichen. So lässt sich auch die Tatsache erklären, dass Babys dieser Art des Sprechens lieber zuhören als der Sprache, die Erwachsene untereinander sprechen.

Merkmale des Baby Talks

  • höhere Tonlage
  • langsameres Sprechen
  • deutliches, akzentuiertes Sprechen
  • häufiger Wechsel der Sprachmelodie
  • Worttrennung ist besser erkennbar

Baby Talk hört sich allerdings nicht immer gleich an. Erwachsene sprechen ja in den unterschiedlichsten Situationen und Gemütslagen mit ihren Kindern. Und dies macht sich auch in der Art des Sprechens deutlich. So können Babys erkennen, ob Erwachsene ihnen Zustimmung geben, ein Verbot aussprechen, Aufmerksamkeit erwecken oder sie beruhigen wollen. Diese Formen existieren in ihren Grundzügen auch sprachübergreifend. Sogar Neugeborene können in angemessener Form auf diese verschiedenen Sprechmelodien reagieren. Ist das nicht fantastisch?

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Entwicklung des kindlichen Wortschatzes – der passive Wortschatz

Wortschatz, Wörter, Kinder, Spracherwerb

Wenn man über Sprachentwicklung spricht, meint man landläufig, wie viel das Kind schon spricht, wie viele Wörter es schon kennt. Tatsächlich ist die Entwicklung des kindlichen Wortschatzes ein guter Indikator, wenn es um die Sprachentwicklung im Ganzen geht, weil die gesamte Sprache auf Wörtern aufbaut. Aus Wörtern können Sätze gebastelt werden und schließlich kleine Erzählungen und Unterhaltungen folgen.

Wenn man von Wortschatz spricht, so meint man meist den aktiven Wortschatz. Es wird also angeschaut, wie viele Wörter ein Kind schon sprechen kann. Dem entgegenzusetzen und nicht minder zu bewerten ist der passive Wortschatz. Damit ist gemeint, wie viele Wörter ein Kind verstehen kann, ohne, dass es diese Wörter vielleicht selber bilden kann. In einer normalen Sprachentwicklung geht der passive Wortschatz dem aktiven Wortschatz von Kindern voraus, d.h. er entwickelt sich früher und ist meist größer.

Voraussetzungen für die Wortschatzentwicklung

Um einen passiven Wortschatz aufbauen zu können, müssen Babys einzelne Wörter hören und zu Personen oder Gegenständen zuordnen können. Wenn wir Erwachsene sprechen, ist das meist ein Redefluss ohne Punkt und Komma. Der Baby Talk, mit der Erwachsenen zu Babys sprechen, hebt durch gewisse Betonungsmuster und Akzente Wortgrenzen besser hervor, sodass Babys Wörter leichter erkennen können. Sehr früh schon beginnen Babys gewisse Lautkombinationen und Silben ihrer Muttersprache zu erkennen. So hören Babys ab dem 6. Monat ungefähr lieber Wörter in ihrer eigenen Sprache als in einer anderen Sprache. Sie sind also bereits jetzt sensibel für eine gewisse Lautabfolge und Silbenkombination. Bis zu 9 Monaten können Babys sogar erkennen, welche Silben in ihrer Muttersprache häufiger vorkommen als andere. Sie lauschen diesen häufigeren Silben lieber als den weniger häufigen. So kommt im Deutschen die Silbe ge häufiger vor als die Silbe vor.

Beginn des passiven Wortschatzes

Bereits von Geburt an ist das Kind auf den Sprachklang sensibilisiert, denn es kann am Sprachklang und an der Melodie der Sprache erkennen, ob z.B. die Person verärgert oder erfreut ist und kann entsprechend darauf reagieren. Bereits mit 4 Monaten unterscheidet es Laute in dem Sinne, dass es Laute der Muttersprache (z.B. Deutsch) von einer anderen Sprache (z.B. Bulgarisch) unterscheiden kann.

Mit 7 Monaten können Babys aus einem Redefluss Wörter erkennen. Ihre stark ausgeprägte lautliche Analysefähigkeit (s.o.) hilft ihnen dabei. Stellen Sie sich vor, Sie hören einer Sprache zu, die Sie selber nicht sprechen. Würden Sie einzelne Wörter heraushören? Wohl kaum. Und genau das gelingt Babys schon mit 7 Monaten. Das ist der Beginn der Entwicklung des kindlichen Wortschatzes. Babys verstehen Wörter zu diesem Zeitpunkt, auch wenn sie sie selber noch nicht sprechen können. Mit 7 Monaten verstehen Babys Wörter mit typischen Betonungsmustern für ihre Muttersprache: im Deutschen wären das z.B. Auto, Kinder oder Bücher; die jeweils erste Silbe ist betont. Mit 7 Monaten reagiert ein Kind bereits auf seinen Namen. 

Mit 10 Monaten versteht das Kind auch das Wort “nein”. Es lernt, erste Beziehungen zwischen Wörtern (z.B. Ball) und deren Gegenständen herzustellen. Hier beginnt der passive Wortschatz im klassischen Sinn und macht einen Großteil des Sprachverständnisses aus. 

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Entwicklung des kindlichen Wortschatzes – der aktive Wortschatz

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Dass der passive und der aktive Wortschatz unterschieden werden und der passive dem aktiven Wortschatz vorauseilt, wurde bereits in dem Artikel Entwicklung des Wortschatzes – der passive Wortschatz erläutert. Bevor Kinder einzelne Wörter sprechen, müssen sie Wörter verstehen.

Die ersten Wörter, die ein Kleinkind spricht, sind meist um den ersten Geburtstag herum zu hören. Manche sind früher, manche später dran. Hier sind Verschiebungen um ein paar Monate überhaupt nicht bedenklich. Gerade in der Anfangszeit bleibt es dann auch bei ein paar wenigen Wörtern. Es gibt eine offielle Liste, welche die ersten 25 Wörter eines Kleinkindes im Deutschen listet; darunter Mama, Papa, Oma, Opa, da ganz vorne. Aber auch hier gibt es Abweichungen und keinerlei Grund zur Besorgnis bei einer anderen Reihenfolge.

Wortschatzexplosion

Während in den ersten Monaten des 2. Lebensjahres nur ab und zu ein neues Wort dazukommt, gibt es ab ungefähr 50 bis 100 Wörtern bei den meisten Kindern eine richtige Wortschatzexplosion. Dies geschieht häufig zwischen 17 und 24 Monaten. Diesen raschen Anstieg an neuen Wörtern im aktiven Wortschatz nennt man Vokabelspurt. Zu diesem Zeitpunkt lernen Kinder mehrere Wörter täglich neu dazu. Mit 2 Jahren sprechen viele Kinder um die 200 Wörter.

Hauptwörter werden bevorzugt

Kinder lernen zuerst Nomina. Das ist naheliegend, denn Hauptwörter bezeichnen Objekte und die kann man anfassen. Die Beziehung von Wort und Objekt (z. B. Auto als Wort und das Objekt “Spielzeugauto”) ist eindeutig und leicht zuzordnen. Der aktive Wortschatz wird bald differenzierter und so folgen später Verben, Tätigkeitswörter. Hier sind Tätigkeiten wie essen, laufen, gehen ganz früh mit dabei. Sie bezeichnen Handlungen, die Kinder an sich selber gut beobachten können. Meist sind es Bewegungsverben. Später folgen auch Verben, die sich nicht nur auf Bewegung beziehen, wie etwa schlafen, kochen oder malen.

Wörter werden kombiniert

Auch ganz kleine und unscheinbare Wörter kommen früh in der Sprache vor; hier ist die Rede von Funktionswörtern. Damit sind Wörter gemeint, die sich nicht auf ein Objekt oder Tätigkeit beziehen, aber eine wichtige (meist) grammatikalische Funktion im Satz haben. Dazu gehören Wörter wie da, ab, auf oder weg. Viele sind Teil eines Verbes, das die Kinder noch nicht im Gesamten abspeichern können. Ein Kind sagt beispielsweise Papa ab und meint damit Papa abholen, also ich oder wir (ich zusammen mit Mama) werden den Papa abholen. Diese Wörter sind sehr praktisch und können oft und einfach mit anderen Wörtern kombiniert werden. Man kann mit wenig sprachlichem Aufwand viel ausdrücken.

Auch hier muss erwähnt werden, dass die Entwicklung nicht bei allen Kindern gleich (schnell) verläuft. Die Marke der 200 Wörter mit 2 Jahren ist ein Richtwert. Es gibt auch Kinder, die diesen Wortschatzspurt nicht so stark erleben, und eher gemächlich neue Wörter lernen, sodas sie bis zum 2. Geburtstag nicht auf 200 Wörter kommen. Andere wiederum beherrschen noch viel mehr als diese 200 Wörter.

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Die Mundmotorik ist wichtig für das Sprechen

Kinder bewegen Zunge, Lippen, Mund, Mundmotorik

Was ist Mundmotorik?

Mit Mundmotorik ist nicht nur die Bewegung, sondern auch die Wahrnehmung verschiedener Muskeln im Gesicht- und Mundbereich gemeint. Viele verschiedene Muskeln kommen hier zum Einsatz: für die Mimik und für unsere Sprache. So können wir die Lippen beispielsweise spitzen, breit ziehen, die Mundwinkeln anheben, komplett verstecken, anspannen, platzen lassen, uvm. Auch die Zunge kennt viele Bewegungen und Feineinstellungen, um nicht nur das Kauen oder Schlucken zu übernehmen, sondern auch die einzelnen Laute zu produzieren. 

Warum ist die Mundmotorik so wichtig?

Wie bereits erklärt, sind die Hauptaufgaben der Mundmuskulatur v.a. das Kauen und Schlucken. Man spricht von so genannten primären Funktionen, weil sie entscheidend für unsere Leben sind. Sekundär, also weniger wichtig, aber trotzdem sehr wichtig für unser gesellschaftliches, menschliches Leben, ist das Sprechen. Mit Sprechen ist im Gegensatz zu Sprache gemeint, wie wir die Laute aussprechen. Hier geht es also weniger darum, WAS man sagt, sondern eher darum WIE. 

Welchen Einfluss hat die Mundmotorik auf den Spracherwerb?

Wenn Kinder nicht sauber sprechen, bezieht sich das also auf die Aussprache. Sie können meist gewisse Laute nicht sauber bilden. Nicht immer, aber sehr häufig geht dies mit einer Einschränkung in der Mundmotorik einher. Um Laute sauber produzieren zu können, benötigen wir ein präzises Zusammenspiel aus Bewegungen der Lippen, Zunge, des Kiefers und der gesamten Mundmuskulatur.

Nun kann es sein, dass Teile dieser Muskelpartien nicht in der richtigen Balance sind oder nicht richtig arbeiten. Z. B. sind die Lippen geöffnet und es findet kein richtiger Mundschluss statt. Oder die Zunge befindet sich nicht an der korrekten Position, wenn gerade nicht gesprochen wird. Auch das Schlucken kann betroffen sein, wenn die Zunge nicht richtig arbeitet. Wenn Kinder gewisse Laute nicht sauber sprechen können, ist das sehr oft (nicht immer) an eine gestörte Funktion gewisser Muskelpartien (z. B. der Zunge oder der Lippen) gekoppelt. Manchmal ist es offensichtlich. Wenn ein Kind etwa den Mund ständig geöffnet hat (auch wenn es nicht spricht) und/oder sogar Speichel austritt; wenn etwa Leckränder um die Lippen zu sehen sind oder wenn das Kind nicht korrekt saugen oder pusten kann. In einigen Fällen sind Auffälligkeiten nur von der Fachfrau bzw. vom Fachmann zu erkennen.

Wenn also ein Kind einen oder mehrere Laute nicht sauber spricht, können mundmotorische Auffälligkeiten zu Grunde liegen. Dann sind die Lautprobleme eigentlich nur die Spitze des Eisberges, die sichtbar bzw. hörbar geworden ist. 

Wie kann man die Mundmotorik fördern?

Spielerisch können Sie mit Ihrem Kind die Mundmotorik ganz einfach im Alltag fördern. Das berühmte Grimassen schneiden sollte also nicht kategorisch verboten werden. Hier finden Sie eine Liste von Ideen und Spielen, die die Mundmotorik fördern.

 

  • Grimmassen schneiden
  • pusten
  • schnalzen
  • Lippen flattern lassen
  • pfeifen
  • Wangen aufblasen
  • Strohhalm trinken
  • Strohhalm ansaugen
Mundmotorik fördern mit einem lustigen Mitmachbuch
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Spielen ist wichtig für die Sprachentwicklung

Kinder spielen, Spielen fördert die Sprachentwicklung, freies Spiel am Boden

 

Haben Sie sich schon einmal gefragt, warum Kinder eigentlich so gerne spielen und warum es sich bei Kindern alles um ein Spiel dreht? – Die Antwort ist ganz einfach: Spielen fördert die Entwicklung.

Beim Spielen benötigt man Vorstellungskraft

Für Kinder ist das Spiel eine wichtige Aktivität, um sich auszudrücken. Es ermöglicht Kindern, den Gegenständen in ihrem Umfeld eine eigene Bedeutung zu geben und zwar nach dem Wissen, das sie bereits besitzen. V.a. das Symobolspiel ist auch für den Spracherwerb entscheidend. Gegenstände werden nicht mehr als das verwendet, wofür sich eigentlich gedacht sind, sondern fungieren als Mittel für eine andere Bedeutung. Zum Beispiel wird ein Stück Faden als Wäscheleine eingesetzt; mit einem länglichen Baustein wird telefoniert und ein blaues Stofftuch symbolisiert den Ententeich. All das verlangt von Kindern eine Vorstellungskraft; eine Vorstellungskraft über die reale Welt, die sie anschließend im Spiel abrufen und eben mit anderen Gegenständen nachmachen oder darstellen können. Kinder lernen auch, dass eine Bedeutung flexibel ist und je nach Umfeld und Situation angepasst oder verändert werden kann. Wahrnehmung (z.B. der Faden) und Bedeutung (z.B. die Wäscheleine) werden als getrennt verstanden und ermöglichen dem Kind, nicht an die Situation gebunden zu sein. Das Kind verwendet den Faden oder ein Stück Schnur nicht nur, um etwas aufzuhängen, sondern z.B. als Wäscheleine oder als Kletterseil, weil es gerade zur Situation passt und weil es so etwas schon einmal außerhalb dieser Situation erlebt hat. Man spricht auch von Dekontextualisierung.

Das Symbolspiel ist für das spätere Lernen entscheidend

Das Symbolspiel ist gerade im Vorschulalter und im Kindergarten von großer Bedeutung. Es ist ein Vorläufer für  das spätere abstrakte systematische Lernen. Abwesende Gegenstände oder Personen können durch andere Gegenstände ersetzt oder auch nur gedacht werden. So können im Spiel Vorstellungen aufgebaut werden, die nicht nur Kontext situiert sind. Das Symbolspiel fördert also die Flexibilität und Kreativität von Kindern. Allerdings ist es nicht unbedingt so, dass ein kreatives Kind interessant und gut spielt, sondern, dass durch das Spielen diese Fähigkeit verstärkt und ausgeprägt wird. Im Umkehrschluss heißt das auch: wenn Kinder nicht spielen, dann fehlt es ihnen nicht an mangelnder Fantasie.

Spielen, insb. das Symbol- und Rollenspiel, dient allerdings auch der emotionalen Entwicklung von Kindern. Im Spiel kann ein Kind verschiedene Zustände (Freude, Trauer, Zorn, etc.) erfahren. Es lernt über Gelingen und Nicht-Gelingen seine Fähigkeiten besser einschätzen. Durch das Kontaktbedürfnis zu anderen, das ebenfalls im Spiel ausgelebt wird, versteht das Kind das Du und das Wir. Und genau dadurch ist auch die Ich-Findung möglich. Man kann sich selber nur abgrenzen, wenn es auch ein Gegenüber gibt.

Wie Ihr Kind spielt – verrät, wie Ihr Kind spricht

Am Spielverhalten lässt sich sehr gut erkennen, wie sich ein Kind entwickelt, motorisch, kognitiv, aber auch sprachlich. Die Haupttätigkeit von Kindern ist nun mal Spielen. Kinder spielen oft den ganzen Tag. Kinder entwickeln sich beim Spielen und Lernen dabei jede Menge. Beim Spielen wird viel über den Entwicklungsstand verraten. Sie können z.B. beobachten, ob Ihr Kind auf ein anderes Kind oder auf Sie im Spiel eingeht, ob ein Zusammenspielen möglich ist. Wie kommuniziert das Kind? Kann es eine eigene Spielidee kreieren? Wie geht es mit seinen Fingern und mit dem Blickkontakt dabei um? Natürlich eigenen sich dabei am besten freie Spiele, mit diversen Spielsachen, die Ihr Kind so hat. Ganz spannend ist auch das Thema, ob Ihr Kind einer Geschichte folgen kann? Spricht es dabei oder bleibt es stumm? Sämtliche wichtige Fähigkeiten, die für die Sprachentwicklung entscheidend sind, sich aber v.a. VOR und MIT den ersten Wörtern entwickeln, lassen sich im Spiel beobachten.

Kinder, die noch nicht ins Sprechen gekommen sind, benötigen gerade in diesen Fähigkeiten besonders Unterstützung. Erst dann kann sich Sprache wirklich gut entwickeln. Lerne Sie auf dieser Seite noch mehr dazu.
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Sprachverständnis: Wenn (m)ein Kind mich nicht versteht

Kind weint, Mama verzweifelt, Mama versteht nicht

Obwohl das Sprachverständnis in den letzten Jahren mehr Aufmerksamkeit bekommen hat, wird dem Sprachverständnis meist weniger Bedeutung zugemessen als der Sprachproduktion. Dabei ist es mindestens genauso wichtig, wieviel und ob ein Kind versteht als wieviele Wörter es aktiv spricht.

Sprachverständnis verlangt komplexe kognitive Fähigkeiten

Wenn es ums Sprachverständnis geht, wird einmal mehr deutlich, dass Sprache kein isolierter Baustein in unserem Kopf ist. Die Verarbeitung von Sprache verlangt komplexe kognitive Fähigkeiten. Es schließt z.B. mit ein, dass ein Kind Wissen über die Dinge der Umwelt hat, dass es Wissen von sich selber und seiner Wahrnehmung hat, dass es den anderen als Gesprächspartner erkennt, dass Wörter nur Symbole sind und sich auf Dinge beziehen, die in der Umwelt vorhanden sind, dass man jemanden anschaut beim Sprechen, dass man sich beim Sprechen abwechselt, dass man im Kopf ein Bild von einem Gegenstand bilden kann, uvm.

Das Sprachverständnis zeigt sich anhand verschiedener Reaktionen, je nach Alter und Entwicklungsstatus des Kindes. Bereits am Ende des ersten Jahres lässt sich erkennen, ob ein Kind Sprachverständnis entwickelt oder nicht. In dieser Phase wird der referentielle Blick oder trianguläre Blickkontakt (Dreiecksblick) erworben. Das Kind schaut auf ein Objekt und auf eine Person, mit der es interagiert. Es entsteht ein Dreieck zwischen dem Kleinkind dem Gegenstand und der interagierenden Person. Kinder mit Sprachverständnisproblemen zeigen diesen Blick nicht; schauen also nicht auf den Gegenstand und/oder nicht auf den Interaktionspartner. Sie stellen keinen Bezug zwischen einem Wort (z.B. Wortlaut Apfel) und dem bezeichneten Gegenstand (z.B. Objekt Apfel) her, verstehen also nicht was mit Wörtern gemeint ist. Diese Kinder lernen Sprache oft verspätet. Auch eine erste Art des Fragens, was Kinder durch Objekte zeigen (z.B. Kind zeigt Mama einen Apfel und Mama antwortet “Ui, einen Apfel hast du da”) und Objekte geben ausdrücken, bleibt aus.

Sprachverständnisprobleme im 2. Lebensjahr

Ein ganz entscheidender Moment für den Spracherwerb ergibt sich um die 18 Monate. Kinder lernen, dass sie mit ihren Handlungen etwas bewirken. Sie malen z.B. einen Strich auf das Papier und erkennen, dass das Blatt nicht mehr ganz weiß ist und dass sie dafür verantwortlich waren. Das zeigt sich auch in der Sprache. Kinder lernen, dass sie mit Wörtern etwas bewirken können. Wenn sie ein Wort (z.B. Apfel) aussprechen, werden sie vom Gegenüber (meist) verstanden und das Gegenüber führt dann im Idealfall eine Handlung aus (z.B. die Mama gibt dem Kind einen Apfel). Kinder mit Sprachverständnisproblemen verstehen in diesem Alter Wörter meist nur in der Situation, aber nicht darüber hinaus. Sie verstehen das Wort Teddy, wenn gerade mit Kuscheltieren gespielt wird und der Teddy im Raum ist, wissen aber nicht, dass der Teddy gemeint ist, wenn die Mama vom Teddy spricht und der Teddy gar nicht Teil des Spiels ist (z.B. wenn die Mama erzählt, dass der Tiger, mit dem sie spielen, genauso braun ist wie der Teddy). Aber genau das ist ein entscheidender Entwicklungsschritt in der Sprachentwicklung. Denn das macht Sprache aus: dass wir über Dinge, Situationen, Erlebnisse usw. sprechen, die nicht gerade im Raum sind.

Sprachverständnisprobleme im 3. Lebensjahr

Treten Sprachverständnisprobleme im 3. Lebensjahr auf, so zeigen sich diese gern in einer Schlüsselwortstrategie. Kinder haben dann eine Strategie entwickelt, wie sie das Gesagte besser verstehen können. Sie orientieren sich an bestimmten Wörtern und suchen dann nach Handlungen, die typischerweise dazu passen, aber nicht unbedingt zur aktuellen Situation passen müssen. Die Mama fordert beispielsweise das Kind auf, ihr den Traktor zu bringen. Das Kind  weiß, dass es oft gebeten wird, den Traktor aufzuräumen und stellt ihn ins Spieleregal, anstatt ihn der Mama zu bringen. Das Kind versteht also Traktor und assoziiert damit eine typische oder bekannte Handlung, die es dann ausführt.

Auch am häufigen Ja-Sagen erkennt man Kinder mit Sprachverständnisproblemen in diesem Alter. Sie antworten meist mit Ja, damit sie dem Gegenüber zu verstehen geben, sie hätten verstanden und wollen das Gegenüber zum Weitererzählen oder Weiterspielen animieren.

Genauso gut kann es sein, dass Kinder häufig wiederholen, was der Interaktionpartner gesagt hat. Die Wiederholungen treten auffällig häufig auf und sind meist die letzten Worte des Gesagten.

Auch wenn Kinder mit Sprachverständnisproblemen meist lernen, Sätze zu bilden, kann das Sprachverständnis auffällig bleiben. Im Alter von drei bis vier Jahren ist das z.B. dadurch zu erkennen, dass Kinder Sprache nicht wirklich gebrauchen, um etwas zu erreichen, sich mitzuteilen oder auf das Gesagte des Gegenübers einzugehen. Sie verwenden Sprache meist handlungsbegleitend, erzählen also zu dem, was sie gerade tun. Auch Fragen bleiben meist aus.

Sprachverständnisprobleme im Vorschulalter

Bleiben Sprachverständnisprobleme bis ins Vorschulalter bestehen, zeigt sich das mitunter im eingeschränkten Spielverhalten. Kinder können beim Spielen nicht so gut auf die Spielidee ihrer Spielpartner eingehen, weil sie oft nicht verstehen, was diese meinen. Im Morgenkreis im Kindergarten sitzen sie oft unruhig auf dem Stuhl und es fällt ihnen schwer, den Erzählungen der Erzieherin zu folgen. Eine Geschichte kann so gar nicht spannend werden. Im freien Spiel zeigen sich Kinder unruhig und sprunghaft, brechen Spiele häufiger ab, wechseln von einem Spiel zum anderen (so genannte Spielabbrüche) und tun sich insgesamt schwer, sich auf ein gemeinsames Spiel mit ihren Gleichaltrigen einzulassen. 

Sprachverständnis wird von Schulkindern benötigt, um Lernstoff zu erfassen. Die Inhalte werden mündlich wie schriftlich in längeren Erklärungen oder Erzählungen präsentiert. Damit das Erzählte aufgenommen werden kann, ist v.a. Dingen ein kohärentes Sprachverständnis nötig. Das Kind muss fähig sein, die einzelnen Inhalte miteinander zu verknüpfen und als Gesamtes zu verstehen. Sprachverständnis ist demnach absolut wichtig für die Schule. Gerade, wenn es um Schulreife geht, sollten nicht nur die Sprachproduktion sondern auch das Sprachverständnis genau beobachtet werden.

 

 

 

 

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Meilensteine der Sprachentwicklung

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Im Folgenden finden Sie die wichtigsten Meilensteine in der Sprachentwicklung, die ein Kind im Rahmen einer normalen Entwicklung erlebt. Die Altersangaben sind mehr ein Richtwert und stellen keine verbindliche Norm dar. Der tatsächliche Entwicklungsstand variiert in der Sprachentwicklung individuell.

Sprachentwicklung: 0 bis 6 Monate

Sprachverständnis

Babys können bereits im Bauch der Mutter deren Stimme erkennen. Sie bevorzugen außerdem die Laute ihrer Muttersprache, d.h. sie hören ihr lieber zu als einer anderen Sprache. Mit 3 bis 4 Monaten reagiert das Baby auf den Stimmklang und die Sprachmelodie. So gelingt es ihm, freundliche oder ärgerliche Stimmen voneinander zu unterscheiden.

Sprachproduktion

Mit dem primären Schrei bei der Geburt gibt das Kind seine ersten Laute von sich. Babys kommunizieren durch Schreien und Mimik. Mit etwa 3 Monaten beginnt die erste Phase des Lallens. Mit Lallen sind unspezifische Laute gemeint, die völlig willkürlich aneinandergereiht werden. Babys probieren aus und experimentieren mit den Lauten. Außerdem verwenden Babys nun unterschiedliche Schreie für verschiedene Bedürfnisse. Auch Wegdrehen oder Blickkontakt aufnehmen bzw. verweigern gehören nun zur Kommunikation. Das erste bewusste Lächeln erfolgt.
Mit der Experimentierfreude wachsen ab 4 Monaten auch die Lautarten der Babys. Erst sind Gurrlaute (Laute, die im hinteren Bereich des Mundinneren gebildet werden; wie ngrr oder ngä) zu hören; auch bei gehörlosen Kindern. Später treten Schmatz- und Zischlaute auf, sowie erste Silben. Die Lautbildung ähnelt nun immer mehr der Lautbildung der Muttersprache. D.h., dass Laute, die typisch für die Muttersprache sind, häufiger produziert werden und Laute, die in der Muttersprache nicht vorkommen (z.B. /th/ für das Deutsche), verschwinden langsam.

Sprachentwicklung: 6 bis 12 Monate

Sprachverständnis

Ab einem halben Jahr reagiert das Kind auf seinen Namen. Es lernt die Bedeutung des Wortes nein kennen. Nach und nach lernt es erste Wörter von Gegenständen und Namen seiner Bezugspersonen. Das Baby reagiert z.B., wenn es Papa hört, indem es den Kopf nach ihm dreht. Erst werden v.a. Nomina (Hauptwörter) verstanden. Sie beziehen sich auf Personen oder Gegenstände und sind einfacher zu begreifen. Das Sprachverständnis nimmt allerdings rasch zu und bald versteht das Baby auch einfache Sätze.

Sprachproduktion

Ab einem halben Jahr begint die zweite Phase des Lallens. Man spricht auch vom kanonischen Lallen. Die Laute werden an die Muttersprache angepasst. Es handelt sich um Lautfolgen, die abwechselnd einen Vokal und einen Konsonaten beinhalten, z.B. babababa, dadadada. Das Lautrepertoire erweitert sich. Schließlich variieren auch die Vokale innerhalb der Lautketten. Man spricht von variablem Lallen.

Sprachentwicklung: 12 bis 18 Monate

Sprachverständnis

Das Sprachverständnis nimmt rasch zu. Die Schlüsselwortstrategie wird angewendet. Kleinkinder in diesem Alter schließen von dem Gesagten durch Mimik und Gestik auf die Bedeutung. Durch Hinzeigen oder Zuwenden der Aufmerksamkeit zum Gegenstand können Kinder schnell die Bedeutung erschließen, auch wenn sie das Wort noch nicht kennen. Das Kind hört z.B. Komm, wir setzen die Mütze auf. und sieht gleichzeitig, wie die Mutter die Mütze in der Hand hält und zu ihm schaut.

Sprachproduktion

Mit dem ersten Geburtstag kommt das erste Wort. Das ist eine grobe Faustregel, von der allerdings viele Kinder um ein (paar) Monat(e) plus minus abweichen. Zu Beginn werden v.a. Nomina (Hauptwörter) benannt. Der aktive Wortschatz umfasst bis u einem halben Jahr um die rund 20 Wörter. Auch das ist ein grober Richwert. Die anfänglichen Wörter sind meist sehr vereinfacht. Es treten auch gerne Onomatopoetika (so genannte Lautmalereien) auf, wie z.B. wau-wau, quak-quak, kikeriki. Das Kleinkind wählt nun die Laute gezielt aus, um ein betreffendes Wort korrekt zu sprechen. Es handelt sich nicht mehr nur um zufällige Lautproduktionen. Vor allem die vorne gebildeten Laute p, b, und m werden sicher beherrscht.
Kleinkinder in diesem Alter sprechen noch in Einwortsätzen. Sie nennen ein Wort und meinen damit einen ganzen Satz. So kann das gesprochene Wort Auto bedeuten: Da ist ein Auto oder Gib mir bitte das Auto oder vlt. sogar Fährst du mit dem Auto?.

Sprachentwicklung: 18 bis 24 Monate

Sprachverständnis

Das Sprachverständnis umfasst viel mehr Wörter als der aktive Wortschatz, den sie von ihrem Kind hören. Die Schlüsselwortstrategie wird weiterhin angewendet. Kinder in diesem Alter speichern Situationen zu bestimmten Gegenständen und Wörtern. Wird etwa ein Kind aufgefordert, es soll das Fenster schließen, obwohl es schon zu ist, wird es zum Fenster gehen und es öffnen. In diesem Alter führen sie also Handlungen aus, die zu der Situation passen, die sie kennen. Sie stützen sich beim Verstehen auf einzelne Wörter (siehe oben, Schlüsselwortinterpretation). Fordert man das Kind auf, die Puppe mit dem Löffel zu kämmen, wird es den Löffel nehmen und damit die Puppe füttern, weil es Situation so kennengelernt hat.

Sprachproduktion

Der aktive Wortschatz nimmt weiterhin zu. Ab einem aktiven Wortschatz von ungefähr 50 Wörtern nimmt der Wortschatz explosionsartig zu. Man spricht vom Wortschatzspurt oder Vokabelspurt. Kinder lernen dann täglich meist mehrere Wörter. Es werden nicht nur Wörter sondern auch Verben (Tunwörter) und einzelne Funktionswörter (z.B. auch, nicht, mehr) erworben. Auch die Artikulation wird vielfältiger. Zu den Konsonanten kommen auch Frikativlaute (z.B. f, w, s) hinzu.
Es werden auch erste Zweiwortsätze gebildet. Kinder reihen zwei Wörter aneinander, häufig zwei Nomina oder auch ein Nomen und ein Adjektiv (Eigenschaftswort). Beispiele: Papa Auto, Mama weg, Wau-wau Ball. Hier beginnen Kinder auch, die Intonation aktiv einzubauen. Sie heben z.B. die Satzmelodie am Ende des Satzes, wodurch eine Frage entsteht. Das erste Fragealter beginnt.

Sprachentwicklung: 2 bis 3 Jahre

Sprachverständnis

Spricht man zum Kind in einfachen Sätzen, ähnlich der Produktion des Kindes, versteht das Kind, was gesagt wurde. Es kann auch Sätze mit zwei Objekten verstehen (Stell das Auto in die Garage). Auch einfache Präpositionen (Vorwörter) kennt das Kind mittlerweile. Hierzu zählen v.a. lokale Präpositionen wie auf, unter, in.
Ab dem dritten Lebensjahr entstehen beim Kind erste Repräsentationen. Das sind Vorstellungen, also Bilder im Kopf, zu einem bestimmten Wort. Es entdeckt, dass Wörter auch von anderen Menschen verstanden werden können. Sie hören ein Wort und verstehen es auch (sofern sie es schon kennen), auch wenn der Gegenstand oder die Person des bezeichnendes Wortes nicht gerade im Raum ist.
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Sprachproduktion

Bereits ab 2,5 Jahren ist der aktive Wortschatz soweit fortgeschritten, dass man die Anzahl der Wörter nicht mehr zählen kann. In der Literatur spricht man von rund 450 Wörtern. Wer kann das schon zählen und so genau Notiz führen? Was allerdings gut feststellbar ist, sind die unterschiedlichen Wortarten, die ein Kind verwendet. Es treten im aktiven Wortschatz nun Verben (Tunwörter), Adjektive (Eigenschaftswörter), Artikel, Adverbien (Umstandswörter) und Präpositionen (Vorwörter) auf. Auch Pronomina treten häufiger in Erscheinung (ich, du, mich, sie…). Farben wie Rot, Gelb, Blau und Grün werden richtig benannt.

Jetzt tut sich auch einiges in der Grammatik. Kinder in diesem Alter sprechen in einfachen korrekten Sätzen. Hier ist zu beobachten, dass die Verbzweitstellung korrekt ist. Das heißt, das Verb steht in konjugierter Form korrekt an zweiter Stelle im Satz (z.B. Tim (1) isst (2) Kuchen (3) statt Tim Kuchen essen). Damit einher geht die Verwendung von Hilfverben, die konjugiert auch in der zweiten Stelle im Satz stehen und z.B. für die Bildung der Vergangenheit verwendet werden (z.B. Tim hat einen Kuchen geesst). Gleichzeitig verwenden die Kinder allerdings auch das konjugierte Verb an erster Stelle und bilden damit die Frage korrekt (z.B. Holt Tim Kuchen?). Es kommen teilweise Nebensätze mit und und weil vor. Es werden also bereits zwei Sätze miteinander verbunden.

Sprachentwicklung: 3 bis 4 Jahre

Sprachverständnis

Das Kind versteht kombinierte Aufträge, d.h. zwei aneinander gereihte Handlungen (Z.B. Nimm das Auto und stell es in die Garage).
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Sprachproduktion

Der Wortschatz nimmt weiterhin rasant zu. Sämtliche Gegenstände aus dem alltäglichen Bereich des Kindes sollten benannt werden können. Auch die Farben sind nun komplett erworben. Weitere Präpositionen wie vor und neben werden korrekt verwendet.

Auf Ebene der Syntax (Satzlehre) entwickelt sich das Kind weiter. Es werden nun auch Fragen mit Fragewörtern korrekt gebildet. Das zweite Fragealter hat hier seinen Höhepunkt. Aussagesätze können mit bis zu sechs Wörtern gebildet werden. In Nebensätzen verwendet das Kind die Verbletzt-Stellung (z.B. …., weil Tim einen Kuchen wollte.). Die Zeiten werden besonders wichtig. Das ist natürlich an die Vorstellung und kognitive Entwicklung gekoppelt. Kinder können nun Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft verstehen und sprachlich korrekt ausdrücken.
Regelmäßige Verben werden richtig konjugiert (z.B. Ich spiele, du spielst, er spielt.…).

Was die Artikulation betrifft, so kann man grob sagen, dass bis zum Ende des vierten Lebensjahres soweit alle Laute korrekt erworben werden. Ausnahmen stellen noch Konsonantenverbindungen dar, da sind Lautverbindungen von 2-3 Konsonanten wie gr, bl, spr, tr, kn,… . Auch der Laut /s/ darf noch etwas undeutlich gesprochen werden. Für eine genauere Darstellung des Lauterwerbs empfehle ich diesen Artikel.

Sprachentwicklung: 4 bis 5 Jahre

Sprachverständnis

Das Kind versteht komplexere und längere Äußerungen. Es kann z.B. drei Anweisungen in Folge verstehen (z.B. Räum dein Spielzeug auf, zieh dir die Jacke an und geh zur Tür.).
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Sprachproduktion

Der Wortschatz in diesem Alter wird auf rund 8.000 Wörter geschätzt. Auch das kann niemand mehr zählen. Kinder sprechen artikulatorisch und grammatikalisch meist fehlerfrei und erzählen in längeren zusammenhängenden Äußerungen. Der Wortschatz wird differenzierter. Es können Oberbegriffe (z.B. Tiere, Blumen, Spielzeug) verwendet werden. Auch abstrakte Nomina, kommen zum Einsatz. Dabei handelt es sich um Hauptwörter, die sich auf keinen konkreten Gegenstand beziehen, sondern etwas bezeichnen, das man sich nur vorstellen kann, wie Freude, Kampf, Wut oder Liebe.

Sprachentwicklung: 5 bis 6 Jahre

Die Sprachentwicklung ist bis zum Ende des 6. Lebensjahres größtenteils abgeschlossen. Das Kind spricht weitgehend fehlerfrei und kann sich problemlos mit Gleichaltrigen und Erwachsenen unterhalten, ohne über den Wortgebrauch nachdenken zu müssen. Das Kind kann sich in unterschiedlicher Weise zu bestimmten Situationen äußern (z.B. sagt es bei der Begrüßung Auf wiedersehen, bis zum nächsten Mal, Servus, bis morgen oder was auch immer gerade zur jeweiligen Situation passt). Es kann längeren Geschichten zuhören und diese auch korrekt wiedergeben. In der alltäglichen Kommunikation sind keine sprachlichen Probleme mehr vorhanden; auch artikulatorisch spricht das Kind einwandfrei.

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Lauterwerb – Wie und wann werden Laute gelernt?

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Lautsystem

Jede Sprache verfügt über eine bestimmte Menge an Lauten, die kleinste Einheit, in die sich ein Wort zerlegen lässt. Die Laute müssen im Gehirn abgespeichert werden, damit wir sie in der Sprache korrekt verwenden können. Zu jedem Laut werden unterschiedliche und diverse Informationen abgespeichert, was es Kindern im Spracherwerb oft nicht so einfach macht. Es wird zum Beispiel abgespeichert, wie der Laut gebildet wird, d.h. welche Artikulationsorgane (z.B. Lippen, Zungenposition, Luftstrom, Stimme, etc.) beteiligt sind. Genauso wird aber auch vermerkt, an welcher Wortposition ein Laut oder mit welchen anderen Lauten in “Nachbarschaft” dieser eher vorkommt.

Schwierigkeiten im Lauterwerb

Was es beim Lauterwerb so schwierig macht, ist die Tatsache, dass Laute nie isoliert präsentiert werden. Babys hören Laute immer nur in einer endlos langen Lautkette, nämlich: Wörtern, Sätzen oder gar Erzählungen. D.h. sie müssen aus einer langen Lautkette heraushören, welche einzelnen Laute ihre Sprache (die sie hören) ausmachen. Hinzu kommt, dass wir selbst gleiche Laute in unterschiedlichen Positionen anders aussprechen. Das /m/ in Mund wird anders gesprochen als in Milch. Das Faszinierende daran ist, dass Babys bereits im ersten Jahr Lautkontraste unterscheiden können. Im ersten halben Jahr des ersten Lebensjahres hören Babys alle Lautkontraste, auch die, die nicht zu ihrer Muttersprache gehören (z.B. rollendes vs. hinteres /r/). Erst im zweiten Halbjahr des ersten Lebensjahres reift bei Babys ein gewisser Lautfilter. Sie hören langsam nur noch die – für ihre Muttersprache – wichtigen Unterschiede (z.B. rollendes vs. hinteres /r/ wäre für das Deutsche nicht mehr relevant).

Welcher Laut kommt zuerst?

Auf der aktiven Seite geht es auch bereits sehr früh los. Zwischen der 6. und 12. Woche beginnen Babys mit dem ersten Lallen. In verschiedenen Lallphasen wird mit Lauten experimentiert. Grundsätzlich werden hier bereits alle Laute der Muttersprache verwendet. Beim Worterwerb allerdings, der ca. um den ersten Geburtstag herum einsetzt, wird zuerst nur ein eingeschränktes Lautrepertoire genutzt. Vokale und Konsonanten, die ganz vorne im Mundraum gebildet werden (/m/, /p/, /b/, /d/, /t/), werden früher verwendet. Die anderen Laute kommen sukzessive hinzu, wobei sich der vollständige und korrekte Lauterwerb bis ins Kindergartenalter zieht.

Die Tabelle im Titelbild zeigt den Lauterwerb bei deutschsprachigen Kindern (vgl. Fox 2016).

Anmerkungen zur Tabelle:
Die blau eingefärbten Kästchen beziehen sich auf die Tatsache, dass mind. 75% der Kinder in diesem Altersabschnitt diesen Laut korrekt erworben haben.
ch1 meint /ch/ nach Vokalen wie /e/, /i/, /ö/, /ü/
ch2 meint /ch/ nach Vokalen wie /a/, /o/, /u/
/s/ wird grundsätzlich früh erworben; oftmals allerdings fehlerhaft ausgesprochen, z.B. mit Zunge zwischen den Zähnen wie beim “Sigmatismus interdentalis”. Das beeinflusst jedoch nicht die Tatsache, dass im Deutschen ein Wort die Bedeutung behält, unabhängig ob es mit einem gelispelten /s/ oder einem korrekt gebildeten /s/ gesprochen wird. Gerade was das Lispeln angeht, tritt es zwischen 5 und 6 Jahren noch bei 35% der Kinder auf.