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Die Mundmotorik ist wichtig für das Sprechen

Kinder bewegen Zunge, Lippen, Mund, Mundmotorik

Was ist Mundmotorik?

Mit Mundmotorik ist nicht nur die Bewegung, sondern auch die Wahrnehmung verschiedener Muskeln im Gesicht- und Mundbereich gemeint. Viele verschiedene Muskeln kommen hier zum Einsatz: für die Mimik und für unsere Sprache. So können wir die Lippen beispielsweise spitzen, breit ziehen, die Mundwinkeln anheben, komplett verstecken, anspannen, platzen lassen, uvm. Auch die Zunge kennt viele Bewegungen und Feineinstellungen, um nicht nur das Kauen oder Schlucken zu übernehmen, sondern auch die einzelnen Laute zu produzieren. 

Warum ist die Mundmotorik so wichtig?

Wie bereits erklärt, sind die Hauptaufgaben der Mundmuskulatur v.a. das Kauen und Schlucken. Man spricht von so genannten primären Funktionen, weil sie entscheidend für unsere Leben sind. Sekundär, also weniger wichtig, aber trotzdem sehr wichtig für unser gesellschaftliches, menschliches Leben, ist das Sprechen. Mit Sprechen ist im Gegensatz zu Sprache gemeint, wie wir die Laute aussprechen. Hier geht es also weniger darum, WAS man sagt, sondern eher darum WIE. 

Welchen Einfluss hat die Mundmotorik auf den Spracherwerb?

Wenn Kinder nicht sauber sprechen, bezieht sich das also auf die Aussprache. Sie können meist gewisse Laute nicht sauber bilden. Nicht immer, aber sehr häufig geht dies mit einer Einschränkung in der Mundmotorik einher. Um Laute sauber produzieren zu können, benötigen wir ein präzises Zusammenspiel aus Bewegungen der Lippen, Zunge, des Kiefers und der gesamten Mundmuskulatur.

Nun kann es sein, dass Teile dieser Muskelpartien nicht in der richtigen Balance sind oder nicht richtig arbeiten. Z. B. sind die Lippen geöffnet und es findet kein richtiger Mundschluss statt. Oder die Zunge befindet sich nicht an der korrekten Position, wenn gerade nicht gesprochen wird. Auch das Schlucken kann betroffen sein, wenn die Zunge nicht richtig arbeitet. Wenn Kinder gewisse Laute nicht sauber sprechen können, ist das sehr oft (nicht immer) an eine gestörte Funktion gewisser Muskelpartien (z. B. der Zunge oder der Lippen) gekoppelt. Manchmal ist es offensichtlich. Wenn ein Kind etwa den Mund ständig geöffnet hat (auch wenn es nicht spricht) und/oder sogar Speichel austritt; wenn etwa Leckränder um die Lippen zu sehen sind oder wenn das Kind nicht korrekt saugen oder pusten kann. In einigen Fällen sind Auffälligkeiten nur von der Fachfrau bzw. vom Fachmann zu erkennen.

Wenn also ein Kind einen oder mehrere Laute nicht sauber spricht, können mundmotorische Auffälligkeiten zu Grunde liegen. Dann sind die Lautprobleme eigentlich nur die Spitze des Eisberges, die sichtbar bzw. hörbar geworden ist. 

Wie kann man die Mundmotorik fördern?

Spielerisch können Sie mit Ihrem Kind die Mundmotorik ganz einfach im Alltag fördern. Das berühmte Grimassen schneiden sollte also nicht kategorisch verboten werden. Hier finden Sie eine Liste von Ideen und Spielen, die die Mundmotorik fördern.

 

  • Grimmassen schneiden
  • pusten
  • schnalzen
  • Lippen flattern lassen
  • pfeifen
  • Wangen aufblasen
  • Strohhalm trinken
  • Strohhalm ansaugen
Mundmotorik fördern mit einem lustigen Mitmachbuch
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Lauterwerb – Wie und wann werden Laute gelernt?

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Lautsystem

Jede Sprache verfügt über eine bestimmte Menge an Lauten, die kleinste Einheit, in die sich ein Wort zerlegen lässt. Die Laute müssen im Gehirn abgespeichert werden, damit wir sie in der Sprache korrekt verwenden können. Zu jedem Laut werden unterschiedliche und diverse Informationen abgespeichert, was es Kindern im Spracherwerb oft nicht so einfach macht. Es wird zum Beispiel abgespeichert, wie der Laut gebildet wird, d.h. welche Artikulationsorgane (z.B. Lippen, Zungenposition, Luftstrom, Stimme, etc.) beteiligt sind. Genauso wird aber auch vermerkt, an welcher Wortposition ein Laut oder mit welchen anderen Lauten in “Nachbarschaft” dieser eher vorkommt.

Schwierigkeiten im Lauterwerb

Was es beim Lauterwerb so schwierig macht, ist die Tatsache, dass Laute nie isoliert präsentiert werden. Babys hören Laute immer nur in einer endlos langen Lautkette, nämlich: Wörtern, Sätzen oder gar Erzählungen. D.h. sie müssen aus einer langen Lautkette heraushören, welche einzelnen Laute ihre Sprache (die sie hören) ausmachen. Hinzu kommt, dass wir selbst gleiche Laute in unterschiedlichen Positionen anders aussprechen. Das /m/ in Mund wird anders gesprochen als in Milch. Das Faszinierende daran ist, dass Babys bereits im ersten Jahr Lautkontraste unterscheiden können. Im ersten halben Jahr des ersten Lebensjahres hören Babys alle Lautkontraste, auch die, die nicht zu ihrer Muttersprache gehören (z.B. rollendes vs. hinteres /r/). Erst im zweiten Halbjahr des ersten Lebensjahres reift bei Babys ein gewisser Lautfilter. Sie hören langsam nur noch die – für ihre Muttersprache – wichtigen Unterschiede (z.B. rollendes vs. hinteres /r/ wäre für das Deutsche nicht mehr relevant).

Welcher Laut kommt zuerst?

Auf der aktiven Seite geht es auch bereits sehr früh los. Zwischen der 6. und 12. Woche beginnen Babys mit dem ersten Lallen. In verschiedenen Lallphasen wird mit Lauten experimentiert. Grundsätzlich werden hier bereits alle Laute der Muttersprache verwendet. Beim Worterwerb allerdings, der ca. um den ersten Geburtstag herum einsetzt, wird zuerst nur ein eingeschränktes Lautrepertoire genutzt. Vokale und Konsonanten, die ganz vorne im Mundraum gebildet werden (/m/, /p/, /b/, /d/, /t/), werden früher verwendet. Die anderen Laute kommen sukzessive hinzu, wobei sich der vollständige und korrekte Lauterwerb bis ins Kindergartenalter zieht.

Die Tabelle im Titelbild zeigt den Lauterwerb bei deutschsprachigen Kindern (vgl. Fox 2016).

Anmerkungen zur Tabelle:
Die blau eingefärbten Kästchen beziehen sich auf die Tatsache, dass mind. 75% der Kinder in diesem Altersabschnitt diesen Laut korrekt erworben haben.
ch1 meint /ch/ nach Vokalen wie /e/, /i/, /ö/, /ü/
ch2 meint /ch/ nach Vokalen wie /a/, /o/, /u/
/s/ wird grundsätzlich früh erworben; oftmals allerdings fehlerhaft ausgesprochen, z.B. mit Zunge zwischen den Zähnen wie beim “Sigmatismus interdentalis”. Das beeinflusst jedoch nicht die Tatsache, dass im Deutschen ein Wort die Bedeutung behält, unabhängig ob es mit einem gelispelten /s/ oder einem korrekt gebildeten /s/ gesprochen wird. Gerade was das Lispeln angeht, tritt es zwischen 5 und 6 Jahren noch bei 35% der Kinder auf.

 

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Was ist phonologische Bewusstheit?

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Definition – phonologische Bewusstheit

Die phonologische Bewusstheit meinte die Wahrnehmung für Laute, also die Fähigkeit, Laute zu erkennen, sie abzuspeichern, wieder abzurufen, zu kombinieren und mit ihnen zu arbeiten, sie zu verschriftlichen. Konkret werden Aufgaben wie Reimen, Anlaute erkennen, Laute im Wort erkennen oder zu vertauschen, Wörter in Silben zerlegen zur phonologischen Bewussheit gezählt. Sie wird meist im Alter von vier bis sechs Jahren, insbesondere in der Vorschulzeit und in der ersten Klasse erworben.

Ursprung der phonologischen Bewusstheit

Die phonologische Bewusstheit fußt letztlich auf der ganz allgemeinen Sprachwahrnehmung, die sich bereits im ersten Lebensjahr zeigt. Babys lernen, dass gewisse Lautkombinationen (nämlich ein Wort, z.B. h-a-u-s) einer bestimmten Bedeutung (hier: Mauerwerk mit einem Dach, Platz zum Wohnen, etc.) zugeordnet ist. Und sie lernen auch schon, dass bereits die Veränderung eines Lautes zu einer komplett anderen Bedeutung führen kann (z.B. H-a-u-s vs. H-a-l-s). Somit sind die Grundsteine für die Erkennung und Wahrnehmung von Lauten bereits sehr früh in der Sprachentwicklung gelegt. Denn auch beim Schreiben und Lesen ist es wichtig Laute zu unterscheiden, im Hören, beim Aussprechen oder etwa beim Abruf im Gehirn.

Legasthenieforschung

Im Rahmen der Legasthenieforschung konnte man zeigen, dass die phonologische Bewusstheit von großer Bedeutung für den Schriftspracherwerb ist. Kinder, die besonders gefährdet sind, eine Legasthenie zu entwickeln, sollten daher in ihren phonologischen Fähigkeiten bereits im Vorschulalter gefördert werden. Aber auch bei nicht besonders gefährdeten Kindern macht es Sinn, die phonologische Bewusstheit zu schulen, weil auch sie beim Schriftspracherwerb davon profitieren. Dies konnte bereits in vielen verschiedenen Studien (auch für unterschiedliche Sprachen) gezeigt werden. Mittlerweile werden in Kindergärten sogar spezielle Förderprogramme angeboten, wie etwa das Programm Hören, Lauschen, Lernen von Küspert und Schneider.

Teilfähigkeiten der phonologischen Bewusstheit

  • Wörter in Silben zerlegen (z.B: Au-to, Ge-mü-se)
  • Reimen (z.B. Kanne – Tanne)
  • Anlaute hören (z.B. Womit fängt das Wort Maus an? – M)
  • Auslaute hören (z.B. Was hörst du am Ende von Maus? – S)
  • Laute im Wortinneren hören (z.B. Hörst du den Laut P bei hupen? – Ja)
  • Zerlegen von Wörtern in einzelne Laute (z.B. Welche Laute hörst du Melone? – M – E – L – O – N – E)
  • Lautgedächtnis (Z.B. M – O – F – T – K – R…..Welche Laute hast du gehört? – M, O, F, T, K, R)
  • Synthese von Lauten (z.B. Welches Wort ist das? M-AU-S  –  Maus)