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Entwicklung des kindlichen Wortschatzes – der passive Wortschatz

Wortschatz, Wörter, Kinder, Spracherwerb

Wenn man über Sprachentwicklung spricht, meint man landläufig, wie viel das Kind schon spricht, wie viele Wörter es schon kennt. Tatsächlich ist die Entwicklung des kindlichen Wortschatzes ein guter Indikator, wenn es um die Sprachentwicklung im Ganzen geht, weil die gesamte Sprache auf Wörtern aufbaut. Aus Wörtern können Sätze gebastelt werden und schließlich kleine Erzählungen und Unterhaltungen folgen.

Wenn man von Wortschatz spricht, so meint man meist den aktiven Wortschatz. Es wird also angeschaut, wie viele Wörter ein Kind schon sprechen kann. Dem entgegenzusetzen und nicht minder zu bewerten ist der passive Wortschatz. Damit ist gemeint, wie viele Wörter ein Kind verstehen kann, ohne, dass es diese Wörter vielleicht selber bilden kann. In einer normalen Sprachentwicklung geht der passive Wortschatz dem aktiven Wortschatz von Kindern voraus, d.h. er entwickelt sich früher und ist meist größer.

Voraussetzungen für die Wortschatzentwicklung

Um einen passiven Wortschatz aufbauen zu können, müssen Babys einzelne Wörter hören und zu Personen oder Gegenständen zuordnen können. Wenn wir Erwachsene sprechen, ist das meist ein Redefluss ohne Punkt und Komma. Der Baby Talk, mit der Erwachsenen zu Babys sprechen, hebt durch gewisse Betonungsmuster und Akzente Wortgrenzen besser hervor, sodass Babys Wörter leichter erkennen können. Sehr früh schon beginnen Babys gewisse Lautkombinationen und Silben ihrer Muttersprache zu erkennen. So hören Babys ab dem 6. Monat ungefähr lieber Wörter in ihrer eigenen Sprache als in einer anderen Sprache. Sie sind also bereits jetzt sensibel für eine gewisse Lautabfolge und Silbenkombination. Bis zu 9 Monaten können Babys sogar erkennen, welche Silben in ihrer Muttersprache häufiger vorkommen als andere. Sie lauschen diesen häufigeren Silben lieber als den weniger häufigen. So kommt im Deutschen die Silbe ge häufiger vor als die Silbe vor.

Beginn des passiven Wortschatzes

Bereits von Geburt an ist das Kind auf den Sprachklang sensibilisiert, denn es kann am Sprachklang und an der Melodie der Sprache erkennen, ob z.B. die Person verärgert oder erfreut ist und kann entsprechend darauf reagieren. Bereits mit 4 Monaten unterscheidet es Laute in dem Sinne, dass es Laute der Muttersprache (z.B. Deutsch) von einer anderen Sprache (z.B. Bulgarisch) unterscheiden kann.

Mit 7 Monaten können Babys aus einem Redefluss Wörter erkennen. Ihre stark ausgeprägte lautliche Analysefähigkeit (s.o.) hilft ihnen dabei. Stellen Sie sich vor, Sie hören einer Sprache zu, die Sie selber nicht sprechen. Würden Sie einzelne Wörter heraushören? Wohl kaum. Und genau das gelingt Babys schon mit 7 Monaten. Das ist der Beginn der Entwicklung des kindlichen Wortschatzes. Babys verstehen Wörter zu diesem Zeitpunkt, auch wenn sie sie selber noch nicht sprechen können. Mit 7 Monaten verstehen Babys Wörter mit typischen Betonungsmustern für ihre Muttersprache: im Deutschen wären das z.B. Auto, Kinder oder Bücher; die jeweils erste Silbe ist betont. Mit 7 Monaten reagiert ein Kind bereits auf seinen Namen. 

Mit 10 Monaten versteht das Kind auch das Wort “nein”. Es lernt, erste Beziehungen zwischen Wörtern (z.B. Ball) und deren Gegenständen herzustellen. Hier beginnt der passive Wortschatz im klassischen Sinn und macht einen Großteil des Sprachverständnisses aus. 

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