
Dass der passive und der aktive Wortschatz unterschieden werden und der passive dem aktiven Wortschatz vorauseilt, wurde bereits in dem Artikel Entwicklung des Wortschatzes – der passive Wortschatz erläutert. Bevor Kinder einzelne Wörter sprechen, müssen sie Wörter verstehen.
Die ersten Wörter, die ein Kleinkind spricht, sind meist um den ersten Geburtstag herum zu hören. Manche sind früher, manche später dran. Hier sind Verschiebungen um ein paar Monate überhaupt nicht bedenklich. Gerade in der Anfangszeit bleibt es dann auch bei ein paar wenigen Wörtern. Es gibt eine offielle Liste, welche die ersten 25 Wörter eines Kleinkindes im Deutschen listet; darunter Mama, Papa, Oma, Opa, da ganz vorne. Aber auch hier gibt es Abweichungen und keinerlei Grund zur Besorgnis bei einer anderen Reihenfolge.
Wortschatzexplosion
Während in den ersten Monaten des 2. Lebensjahres nur ab und zu ein neues Wort dazukommt, gibt es ab ungefähr 50 bis 100 Wörtern bei den meisten Kindern eine richtige Wortschatzexplosion. Dies geschieht häufig zwischen 17 und 24 Monaten. Diesen raschen Anstieg an neuen Wörtern im aktiven Wortschatz nennt man Vokabelspurt. Zu diesem Zeitpunkt lernen Kinder mehrere Wörter täglich neu dazu. Mit 2 Jahren sprechen viele Kinder um die 200 Wörter.
Hauptwörter werden bevorzugt
Kinder lernen zuerst Nomina. Das ist naheliegend, denn Hauptwörter bezeichnen Objekte und die kann man anfassen. Die Beziehung von Wort und Objekt (z. B. Auto als Wort und das Objekt “Spielzeugauto”) ist eindeutig und leicht zuzordnen. Der aktive Wortschatz wird bald differenzierter und so folgen später Verben, Tätigkeitswörter. Hier sind Tätigkeiten wie essen, laufen, gehen ganz früh mit dabei. Sie bezeichnen Handlungen, die Kinder an sich selber gut beobachten können. Meist sind es Bewegungsverben. Später folgen auch Verben, die sich nicht nur auf Bewegung beziehen, wie etwa schlafen, kochen oder malen.
Wörter werden kombiniert
Auch ganz kleine und unscheinbare Wörter kommen früh in der Sprache vor; hier ist die Rede von Funktionswörtern. Damit sind Wörter gemeint, die sich nicht auf ein Objekt oder Tätigkeit beziehen, aber eine wichtige (meist) grammatikalische Funktion im Satz haben. Dazu gehören Wörter wie da, ab, auf oder weg. Viele sind Teil eines Verbes, das die Kinder noch nicht im Gesamten abspeichern können. Ein Kind sagt beispielsweise Papa ab und meint damit Papa abholen, also ich oder wir (ich zusammen mit Mama) werden den Papa abholen. Diese Wörter sind sehr praktisch und können oft und einfach mit anderen Wörtern kombiniert werden. Man kann mit wenig sprachlichem Aufwand viel ausdrücken.
Auch hier muss erwähnt werden, dass die Entwicklung nicht bei allen Kindern gleich (schnell) verläuft. Die Marke der 200 Wörter mit 2 Jahren ist ein Richtwert. Es gibt auch Kinder, die diesen Wortschatzspurt nicht so stark erleben, und eher gemächlich neue Wörter lernen, sodas sie bis zum 2. Geburtstag nicht auf 200 Wörter kommen. Andere wiederum beherrschen noch viel mehr als diese 200 Wörter.